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Mediziner schockiert über Corona-Beschlüsse: „Weihnachten mit Todesrisiko“

Ärzte kritisieren massiv die Beschlüsse von Bundesregierung und Ländern, Kontaktbeschränkungen über Weihnachten zu lockern. Die Folgen wären vermehrte Infektionen und viele Tote im Januar.

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Familienbesuch mit Enkeln bei den Großeltern: Ärzte warnen vor Corona-Lockerungen an den Festtagen.
Familienbesuch mit Enkeln bei den Großeltern: Ärzte warnen vor Corona-Lockerungen an den Festtagen.Monkey Business/imago images

Ärzte zeigen sich entsetzt über Beschlüsse von Bundesregierung und Ländern, die Kontaktbeschränkungen über die Festtage zu lockern. Länderchefs und Bundeskanzlerin Merkel hatten sich am Mittwoch darauf geeinigt, die derzeit geltenden Kontaktbeschränkungen zunächst bis zum 20. Dezember fortzusetzen. Demnach dürfen sich Angehörige zweier Haushalte im Kreis von maximal fünf Personen treffen. Über Weihnachten bis längstens 1. Januar sollen hingegen Treffen von bis zu zehn Personen aus verschiedenen Haushalten möglich sein. Keine Beschränkungen gelten für Kinder bis zum 14. Lebensjahr.

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Der Intensivmediziner Uwe Janssens hält diese Regelung für fatal. «Bei allem Verständnis für Weihnachten und Familienfeiern müssen wir leider befürchten, dass in der Folge der partiellen Aufhebung der Einschränkungen um Weihnachten im Januar die Infektionszahlen wieder ansteigen», sagte der Präsident der Deutschen Interdisziplinären Vereinigung für Intensiv- und Notfallmedizin (Divi) dem Redaktionsnetzwerk Deutschland (Donnerstag).

"Wahnsinn, zu Weihnachten wieder aufzumachen und zu lockern"

Drastisch äußert sich der Vorsitzende des Weltärztebundes, Frank Ulrich Montgomery. «Medizinisch-epidemologisch ist es Wahnsinn, zu Weihnachten wieder aufzumachen und zu lockern», sagte er am Donnerstagmorgen im Radioprogramm «SWR Aktuell». Zwei bis drei Wochen später werde es mehr Todesfälle geben, prognostizierte er. «Weihnachten wird damit zu einem Fest mit einem Todesrisiko für manche Menschen.»

Er verstehe, dass Lockerungen über die Feiertage aus psychologischer Sicht für die Menschen wichtig seien. Das Risiko könne man in Kauf nehmen, wenn sich die Bevölkerung danach von selbst an die Distanzregeln halte.

Kein Verständnis habe er dafür, dass die gelockerten Kontaktbeschränkungen auch über Silvester gelten sollen. Über den Jahreswechsel sei viel Alkohol im Spiel. Menschen würden gemeinsam feiern und sich in den Armen liegen. «Das sind wunderbare Infektionsquellen. Da freut sich das Virus und jubelt», sagte Montgomery.

Lauterbach: Corona-Lockerungen an Weihnachten und Silvester "riskant"

SPD-Gesundheitsexperte Karl Lauterbach hat Zweifel an der Wirksamkeit der beschlossenen Corona-Maßnahmen geäußert. "Dass wir die Beschränkungen für Weihnachten und Silvester wieder etwas lockern, ist tatsächlich riskant", sagte Lauterbach den Zeitungen der Funke Mediengruppe (Donnerstagsausgaben). Es sei nicht auszuschließen, dass Weihnachten und Silvester zu einem "Kickstarter für die Pandemie" würden. Alles hänge davon ab, wie vernünftig sich die Bevölkerung verhalte.

Lauterbach räumte ein, dass schärfere Regeln für die Feiertage möglicherweise von der Bevölkerung nicht akzeptiert würden. Der Widerstand gegen die Einschränkungen werde täglich größer, sagte er. Sollte es in den kommenden Wochen aber keine deutliche Absenkung des Infektionsgeschehens geben, "müssen wir darüber diskutieren, ob tatsächlich für die gesamte Zeit zwischen Weihnachten und Neujahr die Lockerungen gelten können".