Wegen der Energiekrise: Der grüne Wirtschaftsminister Robert Habeck lässt zwei Atomkraftwerke als Notreserve am Netz! „Wir müssen mit dem Schlimmsten rechnen!“
Isar 2 und Neckarwestheim sollen für den Fall von Strommangel bereitgehalten werden. Das AKW Emsland wird stillgelegt.

Jeder erinnert sich noch an den Slogan, mit dem Umweltaktivisten und die Grünen einst auf die Straße gingen: „Atomkraft? Nein danke!“ Doch nun muss Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck von den Grünen in den sauren Apfel beißen. Er kündigte am Montag an, dass zwei der drei noch in Betrieb befindlichen deutschen Atomkraftwerke vorerst weiter am Netz bleiben.
Demnach werden die Kraftwerke Isar 2 in Bayern und Neckarwestheim in Baden-Württemberg als Notreserve bis Mitte April 2023 noch zur Verfügung stehen“. Das dritte verbliebene Kraftwerk Emsland soll wie geplant zum Ende des Jahres abgeschaltet werden. So war es ursprünglich auch für Neckarwestheim und Isar 2 vorgesehen. Aus Ministerumkreisen verlautete, dass „am Atomausstieg, wie er im Atomgesetz geregelt ist“, festgehalten werde,
Robert Habeck:„ Man kann nicht ausschließen, dass Atomkraftwerke in dieser angespannten Situation einen Beitrag leisten können“
Doch es ist fraglich, ob daran künftig auch wirklich festgehalten wird. Auch wenn Habeck trotz der Entscheidung eine Weiternutzung von Atomkraftwerken nach dem April 2023 und „eine Beladung dieser Akw mit neuen Brennelementen“ sowie eine Entscheidung für Meiler-Neubauten ausschließt. Denn nicht umsonst spricht der Wirtschaftsminister im gleichen Atemzug von extremeren Szenarien, die jetzt in der Energiekrise nötig sind.
„Wir sind hier nicht in einer Situation, wo wir auf das Beste hoffen können, sondern wir müssen mit dem Schlimmsten rechnen“, sagt Habeck. Man könne nicht komplett ausschließen, dass Atomkraftwerke bei der angespannten Situation einen Beitrag leisten könnten.

Das sei eine Debatte, die in Deutschland traditionell hohe politische Wellen schlage, viele Emotionen binde und die Republik lange beschäftigt habe, sagt Habeck. „Alle Parteien haben ihre Haltung dazu. Einige haben ihre Haltung dazu korrigiert, andere haben das nicht getan und einige korrigieren ihre Haltung permanent. Meine Aufgabe ist es in dieser Situation, mich davon freizumachen“, sagte Habeck. „Wir müssen als Regierung und ich als verantwortlicher Minister für die Versorgungssicherheit in Deutschland die richtige Entscheidung treffen. Und ich werde alles dafür nötige tun, diese Versorgungssicherheit zu gewährleisten.“
Hintergrund ist das Ergebnis eines neuen Stresstests zur Sicherheit der Stromversorgung in diesem Winter. Demnach ist es zwar unwahrscheinlich, das es „stundenweise krisenhafte Situationen im Stromsystem im Winter 22/23“ geben wird, es könne aber auch nicht ausgeschlossen werden.
Bundesumweltministerin Steffi Lemke (Grüne) nannte Habecks Vorschlag „vernünftig“. Für das Umweltministerium als Bundesatomaufsicht habe auch für den Fall eines befristeten Notbetriebs nach dem 31. Dezember 2022 die Gewährleistung der Sicherheit oberste Priorität.
Es gibt nicht nur Zustimmung, es hagelt auch Kritik. Bayerns Ministerpräsident Markus Söder (CSU) nannte Habecks Schlussfolgerungen aus dem Stresstest „enttäuschend“. Damit ende die Laufzeit der Kernkraftwerke zum Jahresende, obwohl es keinen Stromersatz für zehn Millionen Haushalte gebe, erklärte er bei Twitter. Habeck nehme „das Risiko eines Blackouts und weitere Anstiege beim Strompreis in Kauf“.
Der Präsident des Deutschen Naturschutzrings, Kai Niebert, sieht dagegen mindestens eine Mitverantwortung für die Situation bei Söder. „Weil Markus Söder die Energiewende nicht nur verschlafen, sondern aktiv behindert hat, wird nun die ganze Republik mit der Hochrisikotechnologie Atomkraft in die Haftung genommen“, erklärte er.
Die Deutsche Umwelthilfe kritisierte Habecks Entscheidung. Sie öffne die Tür „für eine noch gefährlichere Laufzeitverlängerung der veralteten und gefährlichen deutschen Atomreaktoren, die niemals kommen darf“, erklärte Bundesgeschäftsführer Sascha Müller-Kraenner. Der Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND) erklärte: „Robert Habeck kündigt den gesellschaftlichen Konsens zum Atomausstieg auf, trotz aller Sicherheitsrisiken.“