Masken-Affäre, Corona-Frust und Baku-Connection: Union schlingert ins Superwahljahr
An der Not des Volkes verdienende Volksvertreter – das ist der Stoff, den keine Partei im Wahlkampf braucht. Die Union hat dieses Problem jetzt. Es dürfte schon Auswirkungen auf die Landtagswahlen am Sonntag haben – und vielleicht auch noch weit darüber hinaus.

Es ist eine gefährliche Melange für die Union. Das Impfdesaster ist noch lange nicht behoben. Beim Start der Testkampagne ruckelt es gewaltig. Frust und Unzufriedenheit wachsen. Der Unmut wird bei der Regierung abgeladen. Und dort vor allem bei der Union, das sieht man an Umfragewerten, die an der 30er-Marke kratzen. Ausgerechnet vor den Landtagswahlen an diesem Sonntag schlägt die Maskenaffäre einiger Unionsabgeordneter zusätzlich ins Kontor – es ist so etwas wie der Super-GAU für jeden Wahlkämpfer.
Glaubwürdigkeitsverlust durch „Masken-Raffkes“
Doch es geht nicht nur um die Wahlen in Baden-Württemberg und Rheinland-Pfalz. Es geht auch darum, ob die Unionsspitzen den Verlust an Glaubwürdigkeit, der durch die „Masken-Raffkes“ eingetreten ist, im Superwahljahr rechtzeitig begrenzen können.
Sechs Wochen ist Armin Laschet erst als neuer CDU-Chef im Amt, doch schon muss er sich im Fernsehen fragen lassen, ob die Union ein grundsätzliches Problem mit Machtmissbrauch habe. Nein, antwortet er natürlich. Aber die Frage steht im Raum: Ist die Union käuflich? Hat sie hier tatsächlich ein strukturelles Problem, wie ihr das die Opposition genüsslich vorhält?
Erinnerungen an Amigo-Affäre
Erinnerungen an Zeiten von Amigo- (in der CSU) und Spendenaffäre um den damaligen Kanzler und CDU-Chef Helmut Kohl werden wach – in der Union wähnte man die längst vergangen.

Selbst wenn es am Ende „nur“ um eine Handvoll Abgeordnete gehen sollte, die sich ihre Vermittlertätigkeit bei der Beschaffung von Schutzmasken haben versilbern lassen: Im Bundestagswahljahr könnte es der Union massiv schaden, wenn auch nur ein „Geschmäckle“ hängen bleiben würde.
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Zumal es ja auch noch andere Baustellen wie die Ermittlungen der Staatsanwaltschaft gegen den CDU-Abgeordneten Axel Fischer gibt, Stichwort „Aserbaidschan“. Auch hier steht der Anfangsverdacht der Bestechlichkeit im Raum. Der CDU-Abgeordnete Mark Hauptmann legte bereits wegen Geschäften mit Baku sein Mandat nieder.
Schon jetzt rechnen sie in der CDU damit, dass die Umfragewerte in den nächsten Wochen noch weiter fallen dürften. Niederlagen am Sonntag hat die CDU bereits quasi eingepreist: In Baden-Württemberg sieht es für sie schon lange nicht gut aus, auch in Rheinland-Pfalz haben sich die Umfragewerte erheblich verschlechtert.
Doch natürlich dürften die Vorwürfe wegen der Privatgeschäfte der Bundestagsabgeordneten Nikolas Löbel und Georg Nüßlein den schlechten Trend verstärken – auch wenn der aus Baden-Württemberg stammende Löbel aus der CDU und Nüßlein aus der CSU ausgetreten ist. Bei Löbel, so ist zu hören, habe Laschet im Hintergrund mit dem Androhen eines Parteiausschlussverfahrens nachgeholfen.

Manche in der Union hoffen noch, dass es am Sonntag doch nicht ganz so schlimm kommen könnte, weil viele ihre Stimme schon per Briefwahl abgegeben haben. Doch gut möglich, dass sich Unentschlossene nun statt für die CDU doch lieber für die populären Ministerpräsidenten Winfried Kretschmann (Grüne/Baden-Württemberg) oder Malu Dreyer (SPD/Rheinland-Pfalz) entscheiden.
In der CDU hoffen sie zudem, dass die Maskenmisere nicht bis zur heißen Phase des Bundestagswahlkampfs die Stimmung gegen die Union drückt. Für Laschet und dessen bundesweite Ambitionen geht es nach den Wahlen vom Sonntag zunächst um die Entscheidung über die Kanzlerkandidatur. Zwischen Ostern und Pfingsten will er mit Söder die Frage klären. Die Pleiten von Stuttgart und Mainz, glauben CDU-Strategen, könnten ihm dabei kaum angehängt werden. Zu eindeutig seien die Gründe in den Ländern hausgemacht. Und zu kurz sei Laschet erst im Amt.
Und außerdem sei ja auch Söders Image als Krisenmanager durch die Maskenaffäre und die für viele verwirrenden Corona-Beschlüsse von Bund und Ländern angekratzt. Anders als die CDU-Spitze im Fall Löbel habe es der CSU-Chef bisher auch nicht geschafft, Nüßlein zum sofortigen Mandatsverzicht zu bewegen.