Lukaschenko soll finanziell „ausgetrocknet“ werden
Die EU-Staaten verständigten sich auf Strafmaßnahmen gegen die Öl-, Dünger- und Finanzbranche

Es wird ernst für den belarussischen Machthaber Alexander Lukaschenko und sein System: Die Außenminister der 27 EU-Mitgliedstaaten vereinbarten in Luxemburg, die Kali- und Düngemittelindustrie des Landes, Mineralölunternehmen und den Finanzdienstleistungssektor mit Sanktionen zu belegen. Der Beschluss soll schon in den nächsten Tagen umgesetzt werden.
„Wir wollen auf die Art und Weise einen Teil dazu beitragen, dass dieses Regime finanziell ausgetrocknet wird“, sagte Außenminister Heiko Maas (SPD). Er räumte ein, dass die Sanktionen unerwünschte Nebenwirkungen für die deutsche Wirtschaft mit sich brächten. „Wir werden auch im Energiebereich, wo es Verbindungen gibt, sicherlich betroffen sein.“ Dass viele Länder bereit seien, eigene Einbußen in Kauf zu nehmen, sei ein Zeichen dafür, dass man sehr entschlossen sei.
Luftpiraterie war der Anlass
Mit den Sanktionen reagiert die EU auf die anhaltenden Repressionen gegen die Opposition in Belarus wie die Festnahme des regierungskritischen Bloggers Roman Protassewitsch. Belarussische Behörden hatten dafür eine Passagiermaschine auf dem Weg zwischen den EU-Staaten Griechenland und Litauen zu einer Zwischenlandung in Minsk gezwungen und den 26-Jährigen eingesperrt. Danach trat er mehrmals in Videos auf und „gestand“ Missetaten gegen Belarus und Lukaschenko.

Bereits am Montag in Kraft gesetzt werden sollte ein neues Sanktionspaket gegen direkte Unterstützer Lukaschenkos. Es sieht vor, gegen 78 Personen EU-Einreiseverbote zu verhängen und deren Vermögenswerte einzufrieren. Betroffen sein sollen zudem acht belarussische staatliche Stellen oder Unternehmen.
Keine Ölprodukte mehr nach Deutschland
Von den geplanten Sanktionen gegen den belarussischen Finanzdienstleistungssektor werden nach Angaben aus EU-Kreisen unter anderem österreichische Banken betroffen sein. Die Auswirkungen auf den Energiebereich in Deutschland ergeben sich demnach daraus, dass Belarus viele Erdölprodukte nach Deutschland exportiert. Sie machten 2020 nach Angaben der belarussischen Botschaft in Berlin rund 37 Prozent der Ausfuhren des Landes in die Bundesrepublik aus.
Zudem werden nach Angaben von Diplomaten die Tabakindustrie sowie Unternehmen, die zum Beispiel Waffen oder Überwachungstechnik anbieten, betroffen sein.
Befürchtungen, dass die die Strafmaßnahmen Lukaschenko noch stärker in die Arme des russischen Präsidenten Wladimir Putin treiben, wurden in Luxemburg zurückgewiesen. Litauens Außenminister Gabrielius Landsbergis verwies darauf, dass Lukaschenko schon jetzt mit Putin so verbunden sei, dass man ihn gar nicht enger drängen könne. Ähnlich äußerte sich Landsbergis zufolge auch die belarussische Oppositionsführerin Swetlana Tichanowskaja, die zu einem Frühstück mit den EU-Ministern eingeladen war. Tichanowskaja, die nach Litauen geflüchtet ist, hatte die EU zuvor schon immer wieder zu schärferen Strafmaßnahmen aufgefordert.

Proteste mit Gewalt erstickt
In Belarus gibt es seit der Präsidentenwahl am 9. August vergangenen Jahres Massenproteste gegen Lukaschenko, der sich nach der umstrittenen Abstimmung zum Wahlsieger erklären ließ. Bei den Demonstrationen gab es mehrere Tote, Hunderte Verletzte und Tausende Festnahmen. Menschenrechtler kritisieren Folter in den belarussischen Gefängnissen.
Gegen Lukaschenko selbst und Dutzende andere Unterstützer gibt es schon seit längerem Strafmaßnahmen, außerdem wurde gegen die staatliche Fluglinie Belavia an Lande- und Überflugverbot durch die EU verhängt.