Endlose Suche nach dem Nachfolger von Boris Johnson

Land am Rande des Nervenzusammenbruchs: Großbritannien sucht einen neuen Chef

Konkurrenten im Kampf um den Chefsessel der britischen Konservativen und den Regierungssitz im Wettlauf der Versprechungen

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Einer von beiden wird Regierungschef: Entweder Rishi Sunak oder Liz Truss.
Einer von beiden wird Regierungschef: Entweder Rishi Sunak oder Liz Truss.dpa/PA Wire

Havn't you got anything better to do? Offenbar hat die britische Regierungspartei der Tories wirklich nichts besseres zu tun,  als sich endlos mit der Nachfolge des Noch-Premierministers und Parteivorsitzenden Boris Johnson zu befassen. Dabei sind in vielen Bereichen schnelle Entscheidungen dringend notwendig. Die Inflation rast auf die zehn Prozent zu, Millionen Briten fragen sich, wie sie angesichts explodierender Kosten für Lebensmittel, Strom und Gas ihre Rechnungen zahlen sollen.

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Die Regierung hat zwar einen Zuschuss von 400 Pfund (rund 477 Euro) je Haushalt abgesegnet. Doch das war im Frühling. Neue Unterstützung könnte erst kommen, wenn die Siegerin oder der Sieger der Tory-Wahl am 5. September feststeht. Bis dahin buhlen Außenministerin Elizabeth „Liz“ Truss und Ex-Finanzminister Rishi Sunak um die Zustimmung von 160.000 Menschen, 0,3 Prozent des Wahlvolks. Denn nur die Mitglieder der konservativen Tory-Partei stimmen in Urwahl ab.

Punkte machen als Kopie von Margaret Thatcher

Truss, die sich als neue „Eiserne Lady“ nach dem Vorbild Margaret Thatchers aufführt, liegt in den Umfragen vorn. In der eher älteren Mitgliederschaft kommt sie besser an als der smarte, zu viel Geld gekommene Sunak.  Der hat zwar versprochen, die Einkommenssteuer in den nächsten Jahren zu senken. Sie hat aber viel weitergehende Versprechungen gemacht.

Insgesamt feuern die beiden Kandidaten täglich neue Versprechen ab. Bei Truss war es am Montag die Ankündigung, „die britische Landwirtschaft zu entfesseln, um die Ernährungssicherheit zu verbessern“. Auf die Ankündigung der einen folgt schnell ein Konter des anderen. Truss musste gerade zurückrudern, nachdem sie verkündet hatte, die Gehälter im öffentlichen Dienst außerhalb des teuren Südens und Londons sowie insgesamt ihren Urlaub zu kürzen.

Nur kurze Ablenkung nach dem EM-Sieg der englischen Fußballerinnen

Labour-Opposition und Bevölkerung schauen dem Treiben teils erheitert, teil angewidert zu. Der Europameistertitel der englischen Fußballerinnen dürfte die genervte Nation nur kurz ablenken.

„Liz wird die Steuern in sieben Wochen senken, nicht in sieben Jahren“, betont ihr Unterstützer Simon Clarke, seines Zeichens zweitwichtigster Mensch im Finanzministerium. Die Außenministerin hat zehn Kabinettsmitglieder hinter sich, darunter Schwergewichte wie Verteidigungsminister Ben Wallace und den neuen Finanzminister Nadhim Zahawi. Sunak kann nur auf drei Minister bauen.

Feind, Todfeind, Parteifreund

Insgesamt folgen die Konservativen dem alten Witz, was die Steigerungsformen von Feind seien: Todfeind, Parteifreund. Am Wochenende bezeichnete die Truss-Unterstützerin und Kulturministerin Nadine Dorries ihren Parteifreund Sunak als „Attentäter“, der Premier Johnson auf dem Gewissen habe.

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Absurde Fragen an die Kandidaten

Sunak und Truss rasen durchs Land, außerdem steht noch mindestens ein TV-Duell an diesem Donnerstag an. Längst wiederholen sich die Fragen an die Kandidaten oder werden immer abwegiger. Sunak etwa musste sagen, wie er es mit dem Verbot von Windhundrennen halte. Schon vor Tagen gestand Truss vor laufenden Kameras ein, sie habe eigentlich keine Fragen mehr an ihren Konkurrenten. „Der Sieger heißt... Apathie“, konstatierte die Sunday Times.

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