Irisches Landwirtschaftsministerium

Kühe killen für den Klimaschutz

 Rinderhaltung verursacht unter anderem durch Kuh-Pupse jede Menge Klimagas. Deshalb sollen 200.000 irische Kühe dran glauben

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Forscher der Uni Kiel banden Kühe Messgeräte um, und fanden heraus: Finden die Tiere auf der Weide nicht nur Gras, sondern auch ordentlich Klee und Kräuter, sinkt der Pups-Ausstoß des Klimagases Methan. Die Kühe geben außerdem mehr Milch mit für den Menschen „günstigen Fettsäuremustern“ und die daraus gewonnene, tiefgelbe Butter ist auch kühl streichfähig.
Forscher der Uni Kiel banden Kühe Messgeräte um, und fanden heraus: Finden die Tiere auf der Weide nicht nur Gras, sondern auch ordentlich Klee und Kräuter, sinkt der Pups-Ausstoß des Klimagases Methan. Die Kühe geben außerdem mehr Milch mit für den Menschen „günstigen Fettsäuremustern“ und die daraus gewonnene, tiefgelbe Butter ist auch kühl streichfähig.Carsten Rehder/dpa

Da liegt man glücklich auf der Wiese und käut wieder, damit irische Butter nach Deutschland kommen kann – und ahnt als Kuh nicht, dass in der großen Stadt Dublin jemand das Messer wetzt. In einem Papier des irischen Landwirtschaftsministeriums wird unter anderem vorgeschlagen, in den kommenden drei Jahren knapp 200.000 Kühe der grünen Insel zu schlachten. Unter anderem, weil die Rindviecher so viel des Treibhausgases Methan pupsen und herausrülpsen, gefährden sie die Einhaltung der Klimaschutzziele der Republik Irland.

Die 18.000 irischen Milchbauern fühlen sich überrollt. „Es sollte bilaterale Gespräche geben, um einen Plan zu erstellen, der die ganze Branche mit ins Boot holt“, sagte Pat McCormack, Präsident des Verbands der irischen Milchlieferanten. „Die Regierung muss Engagement zeigen und ein Budget vorlegen, um das zu finanzieren.“ Außerdem könne so ein Programm nur freiwillig sein.

Dass etwas geschehen muss, ist klar. Erst vor kurzem hatte die Umweltbehörde EPA mitgeteilt, das Land werde seine Klimaziele voraussichtlich deutlich verfehlen. Eines dieser Ziele besagt, dass allein die Emissionen des Agrarsektors bis 2030 um bis zu 20 Prozent sinken sollten. Insgesamt will Irland im Rahmen der EU-Verordnung zur Lastenteilung die Emissionen des Landes um 30 Prozent im Vergleich zu 2005 senken.

65.000 Kühe weniger pro Jahr, schlägt ein Papier vor

Agrarminister Charlie McConalogue hatte bereits anklingen lassen, ein freiwilliges Klimaprogramm zur Verringerung des Milchviehbestands zu erwägen. Mittlerweile veröffentlichte die Zeitung Irish Independent ein Papier. Darin ist die Rede davon, dass „Kernmaßnahmen“, die bisher zur Verringerung der Emissionen in der Landwirtschaft festgelegt wurden, in Kombination mit der „Verlagerung“ von Viehbeständen einen Weg zur Einhaltung der Klimaziele bieten könnten.

Konkret: „Ungefähr 65.000 Milchkühe pro Jahr müssten 2023, 2024 und 2025 aus dem Markt genommen werden.“ Die Lösung laute Keulung, schrieb der Independent. Die bis jetzt geplanten Maßnahmen reichten nicht aus, um die Klimaziele zu erreichen, heißt es in den Unterlagen. Um die Lücke zu schließen, müssten nach Ansicht des Ministeriums in den kommenden Jahren „10 Prozent des Viehbestands durch andere Aktivitäten ersetzt“ werden. Das wären 740.000 Tiere.

Kühe, so schön ahnungslos.
Kühe, so schön ahnungslos.Oliver Berg/dpa

Die Regierung sei fest entschlossen, den Landwirten „freiwillige, finanziell attraktive Optionen zu bieten, zu denen auch die Diversifizierung gehört“, sagt eine Sprecherin des Agrarministeriums. Von 3000 Euro je Kuh und jährlich 200 Millionen Euro bis 2025 ist im Independent die Rede.

Die Sprecherin betont, das Papier sei „Teil eines Beratungsprozesses“ und gehöre zu verschiedenen Optionen, die geprüft würden. „Es handelt sich nicht um eine endgültige politische Entscheidung.“ Die Branche habe bereits ein hohes Maß an Nachhaltigkeit gezeigt. Dieser Ehrgeiz müsse ausgebaut werden.

In Indien wären Irlands Kühe auf der sicheren Seite. Wenn's da nicht so heiß wäre, was Europas Rindviecher gar nicht leiden können.
In Indien wären Irlands Kühe auf der sicheren Seite. Wenn's da nicht so heiß wäre, was Europas Rindviecher gar nicht leiden können.imago/imagebroker

Auch Frankreich meint, zu viele Kühe zu haben

Irland ist nicht das einzige Land, das über Kühe diskutiert. Kürzlich mahnte der französische Rechnungshof eine Strategie zur Verringerung des Rinderbestands an. Demnach ist die stark subventionierte Rinderhaltung für 11,8 Prozent des Treibhausgasausstoßes in Frankreich verantwortlich – vergleichbar mit den Emissionen der Wohngebäude. Um den Verpflichtungen nachzukommen, müsse der Viehbestand zwangsläufig deutlich kleiner werden.

Mehr als sieben Millionen Rinder, davon 1,55 Millionen Milchkühe, leben in Irland. Einwohner hat das Land nur gut fünf Millionen. Zum Vergleich: 2022 gab es in Deutschland auf rund 85 Millionen Einwohner elf Millionen Rinder, darunter 4,3 Millionen Milchkühe.

Deutschland hat nur gut halb so viele Kühe wie Irland

„Wir haben – unter anderem aus Klimagründen – unseren Bestand bereits um 600.000 Tiere reduziert und liegen jetzt bei 3,7 Millionen“, sagt Hans Foldenauer vom Bundesverband Deutscher Milchviehhalter. „Der Gedanke, Tiere für die Klimaziele zu keulen, wäre in Deutschland unvorstellbar.“ Es gebe andere Möglichkeiten. Auch der Deutsche Bauernverband lehne solche Schritte ab, sagt ein Sprecher.

Tatsächlich gibt es in Deutschland keine entsprechenden Pläne. „Für Deutschland ist das weder angedacht, noch wird darüber diskutiert“, sagt ein Sprecher des Bundesagrarministeriums. „Der Landwirtschaftssektor hat in den vergangenen Jahren seinen Treibhausgasausstoß kontinuierlich gesenkt und erreicht das im Klimaschutzgesetz bislang vorgesehene Sektorziel.“