„Krieg gegen Russland“: Moskau fordert Aufklärung nach Baerbock-Aussagen über Kriegsbeteiligung in der Ukraine
Zuerst hatte es so ausgesehen, als würde Russland die umstrittene Aussage herunterspielen, doch nun erhöht Moskau den Druck!

Eine heikle Aussage von Bundesaußenministerin Annalena Baerbock (Grüne) im Europarat sorgt drei Tage lang für Spannungen mit Moskau. Zunächst deutete alles darauf hin, als wolle die russische Regierung die Affäre herunterspielen. Doch jetzt will sie die Gelegenheit offenbar nicht ungenutzt verstreichen lassen und fordert die Bundesregierung heraus.
„Wir führen einen Krieg gegen Russland und nicht gegeneinander“, hatte Baerbock auf Englisch formuliert, am Rande eines Auftritts im Europarat, dem 46 Länder angehören. Problematisch war der Satz aus mehreren Gründen: Dem Europarat gehören auch Länder wie Serbien und die Türkei an, die sich nicht an den Sanktionen gegen Moskau beteiligen und weiter Geschäfte mit Russland machen wollen. Von einer militärischen Unterstützung der Ukraine wollen deren Regierungen nichts wissen.
Koalition der Ukraine-Unterstützer vermeidet tunlichst, Kriegsbeteiligung gegen Russland einzuräumen
Auch die Koalition der Länder, die der Ukraine Panzer und anderes militärisches Gerät liefern, vermeidet tunlichst, eine mögliche Kriegsbeteiligung gegen Russland einzuräumen. Man wolle die Ukraine ertüchtigen, sich gegen Russland zu wehren, so die Argumentation, die jedenfalls völkerrechtlich stimmt, auch wenn es in einzelnen Punkten abweichende Meinungen gibt.
Aber immer wieder lassen sich echte oder vermeintliche Experten und Politiker dazu hinreißen, von einem gemeinsamen Krieg gegen Moskau zu sprechen. Das Risiko besteht darin, dass Moskau dies als Provokation auffasst und die Gelegenheit nutzt, die Lage seinerseits zu eskalieren. Zunächst hatte es so ausgesehen, als wolle Russland genau das vermeiden: Die Worte Baerbocks wurden zur Kenntnis genommen und man begnügte sich mit stiller Schadenfreude darüber, dass das Auswärtige Amt die verunglückten Worte Baerbocks gegenüber der Bild-Zeitung zurechtbiegen und klarstellen musste: Die Ukraine dabei zu unterstützen, ihr Selbstverteidigungsrecht auszuüben, mache Deutschland „nicht zu einer Konfliktpartei“.
Moskau setzt nach und fordert Aufklärung über „Widersprüche“ bei Baerbocks Aussagen
Selbst der sonst extrem aggressive russische Auslandssender RT DE begnügte sich auf seinen Social-Media-Kanälen damit, den Shitstorm von überwiegend rechtsradikalen und russlandfreundlichen Usern unkommentiert zu dokumentieren. Doch nun, nachdem die Wellen wieder geglättet schienen, setzt Moskau doch noch nach.
Das russische Außenministerium fordert Aufklärung vom deutschen Botschafter, wie die Worte Baerbocks denn zu verstehen seien. „Die deutsche Außenministerin sagt, dass ihr Land zusammen mit anderen gegen Russland kämpft“, schrieb Russlands Außenamtssprecherin Maria Sacharowa im Onlinedienst Telegram. „Aber das gleiche Ministerium sagt, dass sein Land nicht Teil des Konflikts ist.“ Angesichts dieser „Widersprüche zwischen beiden Aussagen“ müsse der deutsche Botschafter „etwas Licht ins Dunkel bringen“.
Sprecherin des russischen Außenministeriums sieht Nato „vollständig in Konfrontation mit unserem Land“
Laut der staatlichen russischen Nachrichtenagentur Tass sagte Sacharowa außerdem am Freitag, Baerbock habe im Europarat „die Dinge beim Namen“ genannt. Die Bürger der Nato-Staaten sollten wissen, dass das Militärbündnis „vollständig in die Konfrontation mit unserem Land verwickelt ist und dass diese Konfrontation wächst“.
Auch Vizeregierungssprecherin Christiane Hoffmann sah sich am Freitag veranlasst, Baerbocks Worte wieder einzufangen. Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) habe immer wieder betont, dass „die Nato und Deutschland (...) in diesem Angriffskrieg Russlands gegen die Ukraine nicht Kriegspartei“ seien. Sie hob hervor: „Wir unterstützen die Ukraine, aber wir sind nicht Kriegspartei.“ Auch das Außenministerium habe sich „sehr klar dazu geäußert, dass die Nato und Deutschland nicht Kriegspartei sind“.