Koran-Verbrennung: Russisches Komplott, um Nato-Erweiterung zu verhindern?
Nach der Aktion eines Rechtsextremisten in Schweden hat der türkische Präsident Erdogan einen neuen Vorwand, den NATO-Beitritt Schwedens und Finnlands zu verhindern.

Die Anmeldung der Veranstaltung in Stockholm, bei der ein Koran verbrannt wurde, wurde dem dänischen Rechtsextremisten Rasmus Paludan vom rechten schwedischen Publizisten Chang Frick finanziert, der Verbindungen nach Russland hat. Das bestätigte Frick selbst dem schwedischen Fernsehsender SVT. Das wirft den Verdacht auf, dass die Aktion in Russlands Interesse organisiert wurde, um mittelbar Schwedens geplanten Nato-Beitritt zu verhindern, wie eine exklusive Recherche des BERLINER KURIER ergab.
Er habe für den Anmelder der Kundgebung, dem dänischen Rechtsextremisten Rasmus Paludan, die Anmeldegebühr von 320 Schwedischen Kronen bezahlt, erklärte Frick gegenüber SVT, nachdem die Zeitung Syre berichtet hatte. Er habe damit sicherstellen wollen, dass die Anmeldegebühr rechtzeitig bezahlt werde. Paludan hätte das Geld von Dänemark aus überweisen müssen. Die Gebühr wäre so möglicherweise nicht rechtzeitig angekommen, hieß es von Frick.
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Am Wochenende hatte der Rechtsextremist Paludan vor der türkischen Botschaft in Schweden Hauptstadt Stockholm einen Koran verbrannt. Die schwedische Polizei hatte die Demonstration mit Verweis auf die Verfassung und die Versammlungs- und Meinungsfreiheit erlaubt.
Idee zur Koranverbrennung kam wohl von rechtem Aktivisten mit Russlandkontakten
Frick behauptete auf Nachfrage von SVT, dass er die Koranverbrennung nicht habe unterstützen wollen. Er habe keine religiösen Gefühle verletzen wollen und gedacht, Paludan wolle nur ein „paar Erdogan-Bilder verbrennen“.
Paludan selbst gab in einem Interview mit der dänischen Zeitung Dagens Nyheter jedoch an, dass sogar die Idee zu der Provokation von den Schweden kam. Er habe Kontakt mit Frick und einem „Reporter“ der rechtsextremen Nachrichtenseite Exakt24 gehabt. „Es war ihre Idee, den Koran vor der türkischen Botschaft zu verbrennen.“
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Fricks Darstellung ist auch wenig glaubwürdig angesichts der Vorgeschichte des dänischen Rechtsextremisten, der schon häufiger Koranverbrennungen plante. Auch twitterte Frick im Juni 2022: „Es wäre sehr traurig, wenn Paludan jetzt dazu käme, den Koran vor der türkischen Botschaft zu verbrennen, das wäre es.“ Die Ironie dabei ist kaum verhohlen.
Gepostet wurde der Tweet am 7. Juni – nur knapp drei Wochen nachdem Schweden und Finnland einen Beitritt zur NATO beantragt hatten. Auch die jüngste Koranverbrennung fand just zu einer Zeit statt, da ein möglicher NATO-Beitritt der beiden nordischen Länder näher rückt.
Erdogan will wegen Koranverbrennung NATO-Beitritt von Schweden und Finnland nicht unterstützen
Der türkische Präsident Recep Tayip Erdogan hat als Reaktion auf die Koran-Verbrennung angekündigt, einen NATO-Beitritt Schwedens und Finnlands nicht zu unterstützen. Alle 30 NATO-Staaten müssen ihm zustimmen, also auch die Türkei. Zunächst hatte Erdogan den beiden Ländern Terrorunterstützung vorgeworfen.
In diesem Zusammenhang treten auch die Verbindungen des Publizisten Frick in ein neues Licht. Er betreibt das rechte Online-Medium „Nyheter Idag“, das zum Umfeld der rechtsextremen „Schwedendemokraten“ gezählt wird.
Frick hatte in der Vergangenheit immer wieder Kontakt mit Russland. So trat er mehrfach beim russischen Staatssender RT als Interviewpartner auf, soll für ihn als Freier Mitarbeiter tätig gewesen sein und bezieht für sein rechtes Medium Clips des Medienportals Ruptly, das zu RT gehört. Er postete zudem selbst Fotos von einem Besuch beim russischen Staatssender RT.
Immer wieder gibt er Falschnachrichten und russische Propaganda auf seiner Nachrichtenseite wieder. Auch soll er regelmäßig nach Moskau geflogen sein. Auf Bildern posierte er zudem mit Fanartikeln des russischen Präsidenten Putin.
Desinformationsexperte: Passt ins Bild russischer Desinformationskampagnen
Für den Desinformationsexperten Christopher Nehring passt die Koranverbrennung zum Muster russischer Desinformationskampagnen. „Grundsätzlich sind solche Aktionen, wo Öl ins Feuer gegossen wird, klassische Einflusskampagnen, die vom KGB oder der Stasi schon im Kalten Krieg angewendet wurden“, so der Gastdozent für Desinformation des Medienprorgamms Südosteuropa der Konrad-Adenauer-Stiftung. So habe man damals auch immer wieder den griechisch-türkischen Konflikt angeheizt, um die NATO zu destabilisieren.
Der russische Staatssender RT hofiere Rechtsextremisten und arbeite auch immer wieder mit ihnen zusammen. „Einladungen nach Moskau sind ein gängiges Mittel. In Deutschland sind Kontakte zu AfD-Politikern bekannt, die dafür immer wieder die Aufhebung der Russland-Sanktionen fordern oder andere russlandnahe Positionen wiedergeben“, so Nehring.
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Schwer direkte Einflussnahme nachzuweisen
Das bekannteste Beispiel einer russischen Desinformationskampagne war jedoch der Fall Lisa in Berlin. Dabei wurde von russischen Stellen gezielt verbreitet, dass das Mädchen von Südländern vergewaltigt wurde. Diese Informationen stellten sich später als falsch heraus. „Da gab es Hinweise des Verfassungsschutzes, dass führende Köpfe hinter der Kampagne direkte Verbindungen zum russischen Geheimdienst hatten“, sagt Nehring.
Nehring sieht daher Parallelen im Fall der Koranverbrennung. „Es passt in dieses grundsätzliche Bild der Mittel und Strategien russischer Desinformation“, so der Experte. Abschließend ließe sich der Fall dennoch nicht beurteilen. „Es ist schwer, eine Bezahlung oder eine direkte Veranlassung solcher Desinformationskampagnen und der Aktionen durch russische Stellen nachzuweisen.“