Das Kreuz eines Grabsteins steht vor der katholische Kirche St. Nikolaus in Garching.
Das Kreuz eines Grabsteins steht vor der katholische Kirche St. Nikolaus in Garching. dpa/Peter Kneffel

Staat und Kirche sind in der Bundesrepublik Deutschland strikt getrennt – allerdings kassieren die Kirchen kräftig mit am Staat durch die Kirchensteuer. Und nicht nur das! Denn auch Muslime, Nicht-Christen und Atheisten zahlen die Pfarreien mit. Was nicht jeder weiß: Jährlich erhalten die Kirchen zusätzlich rund eine halbe Milliarde Euro vom Steuerzahler. Hintergrund sind jahrhundertealte Regelungen über Staatsleistungen.

Alle Versuche, die Staatsleistungen abzuschaffen scheiterten

Diese Staatsleistungen gehen auf das 19. Jahrhundert zurück, als zu Napoleons Zeiten die Kirchen Besitztümer an weltliche Fürsten abtreten mussten. Dafür wurde ein jährliches Entschädigungsgeld vereinbart – das selbst noch im Jahr 2023 vom Staat gezahlt wird. Es soll eigentlich schon lange abgeschafft werden, schon im Jahr 1919 hatte es einen Gesetzentwurf gegeben zum „schmerzlichen Bedauern“ der damaligen katholischen Bischofskonferenz. Allerdings brachte es der Entwurf nicht weit, genau wie viele darauffolgende Anläufe.

Nun wird aber tatsächlich verhandelt. Denn die Ampel-Parteien SPD, Grüne und FDP hatten in ihrem Koalitionsvertrag vereinbart, „im Dialog mit den Ländern und den Kirchen einen fairen Rahmen für die Ablösung der Staatsleistungen“ zu schaffen. Die Ablösung bezeichnet dabei eine letzte, einmalige Summe, die der evangelischen und katholischen Kirche gezahlt wird. Dass der Staat dazu verpflichtet ist, steht im Grundgesetz, das eine entsprechende Regelung aus der Weimarer Reichsverfassung übernahm.

Evangelische Kirche verhandlungsbereit

Und die Kirche scheint tatsächlich zum Verzicht auf die Staatsleistungen bereit – zumindest steht die evangelische Kirche dem Vorhaben nicht im Weg. Laut deren Bevollmächtigter Anne Gidion stehe sie „kooperativ bereit, im vollen Bewusstsein um die Schwierigkeiten, die das für alle Seiten bedeutet.“ In Gesprächen auf Einladung des Bundesinnenministeriums sei es in den vergangenen Monaten um die grundsätzlichen Modalitäten gegangen, sagte die Theologin im Radiosender WDR 5 weiter zum derzeitigen Stand der Debatte. Noch in diesem Jahr sollen die Eckpunkte für eine grundsätzliche Regelung stehen.

Doch was es sich die Kirchen kosten lassen, damit sie künftig auf knapp 600 Millionen Euro pro Jahr verzichten, ist noch unklar. Die Gespräche über die Höhe der Abslösesummen führen ohnehin die Bundesländer, weil sie die Zahlungen leisten. Verhandelt wird mit den jeweiligen Landeskirchen und Bistümern – und die Bedeutung der Staatsleistungen ist dort sehr unterschiedlich. Machen sie in NRW nur etwa ein bis zwei Prozent der Kircheneinnahmen aus, sind es in Ostdeutschland teilweise gut zehn Prozent der Einnahmen, vor allem die Kirchen in Sachsen-Anhalt sind darauf angewiesen. Das Bistum Magdeburg sogar zu 20 Prozent des Gesamtbudgets.

Wo wird die Kirche einsparen müssen?

Auch EKD-Vertreterin Anne Gidion wies darauf hin, dass mit den Staatsleistungen, die in die Eigenhaushalte der Kirchen fließen, ein Teil der kirchlichen Arbeit finanziert werde. Dazu gehörten etwa Arbeit mit Kindern, Jugendlichen und Flüchtlingen, Seelsorge und Begegnungsstätten. „Es geht um die Grundfinanzierung eines Dienstes an der Gesellschaft“, sagte sie.

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Bei einer Ablösung der Staatsleistungen werde es zu Einschnitten kommen müssen: „Wenn die Haushalte kleiner sind, wird auch die Arbeit kleiner.“ Dies sei „keine Drohung, sondern Rechnung“. Und gerade in Ostdeutschland seien in einigen Dörfern oder Regionen die Kirchen die einzigen Orte, „wo Menschen sich treffen können, wo es eventuell auch Wärme und Unterstützung gibt“. Das werde weniger werden, wenn die Gebäude nicht mehr finanziert werden könnten.