Klartext zum 9-Euro-Ticket-Nachfolger: Was soll es kosten? Wer soll das bezahlen? Warum wird der ÖPNV nicht kostenlos?
Das 9-Euro-Ticket ist Geschichte. Seit heute zahlt man fürs Bus- und Bahnfahren wieder erheblich mehr, als in den vergangenen drei Monaten. Doch eine Anschlusslösung ist in Planung – so sieht sie aus …

Das 9-Euro-Ticket ist Geschichte. Hatte man im Juni, Juli und August noch für schlappe 9 Euro einen Monat lang beispielsweise seinen Arbeitsweg täglich zurücklegen können mit Bus und Bahn, zahlt man in Berlin ab heute wieder 86 Euro im Regeltarif. Klar, dass vor allem Pendler dieser Wegfall der finanziellen Entlastung gar nicht schmeckt. Die gute Nachricht: Es soll einen Nachfolger für das 9-Euro-Ticket geben. Die schlechte Nachricht: Die Hürden scheinen riesig. Bundesverkehrsminister Volker Wissing beantwortet die wichtigsten Fragen.
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Steht sicher fest, dass es einen 9-Euro-Ticket-Nachfolger geben soll?
„Wir wissen, dass wir eine Begeisterung für den ÖPNV ausgelöst haben, wie sie in Deutschland wahrscheinlich noch nie vorhanden war“, erklärt Bundesverkehrsminister Volker Wissing. Das seien Gründe, jetzt den nächsten Schritt schnell zu gehen. Das digitale Angebot und die bundesweite Geltung der 9-Euro-Tickets hätten etwas ausgelöst, was vorher nicht ausreichend im Blick gewesen sei: „Nämlich, was für eine Attraktivität ein einfaches Ticket für die Menschen hat.“
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Warum bleibt das 9-Euro-Ticket nicht einfach dauerhaft?
„Es war von vornherein klar, dass dieses 9-Euro-Ticket, das ein extrem günstiger Tarif in einer Extremsituation war, nicht dauerhaft aufrechterhalten werden kann“, sagt Wissing. Ihm sei aber wichtig, das nicht als Experiment abzuhaken, sondern die richtigen Lehren zu ziehen. „Ich freue mich, dass ich jetzt anders als im Frühjahr nicht mehr überall Widerstand sehe, sondern eine breite Unterstützung, um einen großen Reformschritt im ÖPNV gemeinsam zu gehen.“
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Was soll der Nachfolger für das 9-Euro-Ticket kosten?
Das ist derzeit völlig unklar. Es gibt verschiedene Vorschläge – etwa für ein 365-Euro-Jahresticket und Monatstickets für 29, 49 oder 69 Euro. Doch der Preis sei nicht die vordergründige Frage, meint Wissing: „Wir brauchen jetzt eine Einigung, und die kann nicht damit beginnen, dass wir als erstes einen Ticketpreis nennen.“ Dieser sei Ergebnis der zu vereinbarenden Reformschritte.
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Wie also soll die Reform im öffentlichen Personennahverkehr nach dem 9-Euro-Ticket aussehen?
Die Frage sei also zunächst, wie ein solches Ticket aussehen solle, meint der Bundesverkehrsminister: „Wie soll die Geltung sein, wie kann es erworben werden? Soll es ein Monatsticket oder ein Ticket sein, das man im Jahresabo kauft? Soll es nur ein Tarif sein oder mehrere Tarife geben? Wie können wir die vielen Verkehrsverbünde, die eine Hürde darstellen, durch Digitalisierung für die Nutzer zumindest unsichtbar machen?“
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Was muss man bei der Planung eines 9-Euro-Ticket-Nachfolger noch bedenken?
„Wenn diese Fragen geklärt sind, dann müssen auch die Länder, deren originäre Zuständigkeit der ÖPNV ist, die Frage beantworten, in welchem Maße sie sich finanziell an einer solchen Reform beteiligen können“, sagte Wissing. „Und dann kommt natürlich auch die Frage, wie und in welcher Höhe sich der Bund beteiligt.“ Wenn es um ein innovatives, einfaches und attraktives Angebot gehe, wisse er Finanzminister Christian Lindner (FDP) an seiner Seite.
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Lindner hatte Zustimmung erkennen lassen, dass mit einem Bruchteil der für das 9-Euro-Ticket pro Jahr nötigen 14 Milliarden Euro ein bundesweites Angebot realisierbar wäre, wenn die Länder mitmachten. Wissing sagte, er habe Lindner überzeugen können, dass es sich für den Bund lohne, hier zu investieren. „Mobilität ist eben auch eine wichtige Voraussetzung für die finanzielle Stabilität unseres Staates. Wenn Menschen mobil sind, können sie zum Arbeitsplatz kommen, es wird konsumiert, Güter werden transportiert. Insofern sind wir uns einig, dass wir im Rahmen des finanziell Machbaren gemeinsam mit den Ländern diesen Reformprozess schnell abschließen wollen.“
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Wissing erläuterte: „Wir haben durch Digitalisierung und vereinfachte Tarife auch die Möglichkeit, Geld einzusparen, nämlich bei den Vertriebskosten. Im jetzigen System addieren sie sich bei den Ländern auf jährlich zwei Milliarden Euro. Ich kenne Bahnsteige, da stehen drei verschiedene Fahrkartenautomaten für den ÖPNV.“ Es gelte zu analysieren, welche Spielräume sich dort ergeben könnten.
Warum wird der ÖPNV nicht einfach kostenlos, um noch mehr Menschen dafür zu begeistern?
„Ich bin kein Freund von kostenlosem ÖPNV. Denn das Angebot muss auch kontinuierlich weiterentwickelt werden, und wir sollten nicht übersehen, dass die Qualität ein wichtiges Merkmal ist“, so Wissing. Die habe ihren Preis. „Aber der muss eben so attraktiv sein, dass möglichst viele Nutzer zu dauerhaften Kunden werden. Billig und schlecht hilft keinem.“ Auch ein Euro am Tag könne nicht die richtige Bemessungsgrundlage sein, einen Tarif zu gestalten. „Die Frage ist ja, was kriege ich dafür? Wenn ich einen Euro pro Tag zahle und jeden Tag ein schlechtes Angebot bekomme, dann ist dies nicht attraktiv.“