„Point of no Return“ noch nicht erreicht
Kieler Klimaforscher widerspricht: Klimawandel ist noch nicht „außer Kontrolle“
UN-Generalsekretär António Guterres sprach davon, dass die Entwicklung außer Kontrolle geraten sei. Der Kieler Mojib Latif sieht das anders.

Wir merken es auch bei uns: Die Hitzetage im Sommer werden mehr, der Wasserpegel in den Seen sinkt, Wälder sind knochentrocken. Die Warnung des UN-Generalsekretärs war deshalb dramatisch: Der Klimawandel sei nun „außer Kontrolle“. Der vielleicht bekannteste deutsche Klimaforscher sieht das anders. Ganz so fatalistisch ist die Lage nicht zu sehen, sagt Mojib Latif.
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Trotz erschreckender Nachrichten über immer häufigere Hitzewellen, Waldbrände und Unwetter hält der Klimaforscher Mojib Latif den Kampf gegen die Erderwärmung nicht für aussichtslos. „In der Wissenschaft geht man davon aus, dass der ‚Point of no Return‘ noch nicht erreicht ist. Noch wäre es möglich, die globale Erwärmung auf das im Pariser Klimaabkommen festgelegte Maß zu begrenzen – das heißt, auf deutlich unter 2 Grad gegenüber der vorindustriellen Zeit, vorzugsweise auf 1,5 Grad“, sagt der Professor am Helmholtz-Zentrum für Ozeanforschung in Kiel.
Zehntausende Hitzetote: 2022 war der bisher wärmste Sommer in Europa seit Beginn der Aufzeichnungen
Latif äußerte sich damit zu Warnungen des UN-Generalsekretärs António Guterres. Dieser hatte gesagt, der Klimawandel sei „außer Kontrolle“. Der Weltklimarat IPCC hat vorgerechnet, dass zur Erreichung des 1,5-Grad-Ziels die globalen Emissionen klimaschädlicher Treibhausgase gegenüber 2019 um 48 Prozent bis 2030 und um 80 Prozent bis 2040 sinken müssen.
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Derzeit beträgt die Erwärmung des Planeten bereits etwa 1,1 Grad, in Deutschland schon 1,6 Grad. Dazu sagt Latif: „Die Auswirkungen wie Hitze, Dürre und Starkregen sind bereits in vielen Regionen der Erde katastrophal.“ Vergangenes Jahr sei der bisher wärmste Sommer in Europa seit Beginn der Aufzeichnungen gemessen worden, mit Zehntausenden Hitzetoten.

Zu den zurzeit extrem hohen Temperaturen der Weltmeere, darunter des Mittelmeers und des Atlantiks, sagt Latif: „Einerseits stresst die Erwärmung die Meeresökosysteme, zum Beispiel die tropischen Korallen – es kommt immer öfter zur gefürchteten Korallenbleiche. Andererseits führt die Erwärmung zu einem Rückgang des Sauerstoffgehalts in den Ozeanen. Und es besteht die Gefahr, dass die Meere weniger von dem CO₂ aufnehmen, dass die Menschen in die Atmosphäre emittieren, mit der Folge einer sich beschleunigenden globalen Erwärmung.“
Wie will man sich an Temperaturen von deutlich über 40 Grad anpassen?
Außerdem trage die mit der Erwärmung verbundene Ausdehnung des Wassers zum Anstieg der Meeresspiegel bei, sagt der Forscher. Höhere Temperaturen führten des Weiteren zu einer höheren Verdunstungsrate, wodurch mehr Energie in der Atmosphäre verfügbar ist und Wetterextreme häufiger und intensiver werden.
Erst kürzlich hatte Latif darauf hingewiesen, dass sich Deutschlands Gesellschaft und Wirtschaft nicht an eine zwei bis drei Grad wärmere Welt anpassen können. „Das ist ein riesengroßer Irrtum. Es gibt Grenzen der Anpassungsfähigkeit“, sagt Latif. „Wie will man sich an Temperaturen von deutlich über 40 Grad anpassen, wie auf häufigere sintflutartige Niederschläge? Wie soll eine Landwirtschaft ohne Regen auskommen?“
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Im März hatte eine Studie im Auftrag der Bundesregierung ergeben, dass auf Deutschland durch die Erderwärmung bis 2050 Kosten von bis zu 900 Milliarden Euro zukommen können. Beispiel ist die Flutkatastrophe in Nordrhein-Westfalen und Rheinland-Pfalz mit Schäden von mehr als 40 Milliarden Euro.