Für US-Präsident Joe Biden laufen die Kongresswahlen besser als befürchtet, doch die Mehrheit im Repräsentantenhaus ist wohl dahin.
Für US-Präsident Joe Biden laufen die Kongresswahlen besser als befürchtet, doch die Mehrheit im Repräsentantenhaus ist wohl dahin. AP/Susan Walsh

Amerikanische Meinungsforscher hatten nach der Parteifarbe der Republikaner eine „rote Welle“ oder sogar einen „roten Tsunami“ vorhergesagt. Doch für die Trump-Partei wurden die „Midterm“-Wahlen am Dienstag zu einer herben Enttäuschung.

Zwar konnten sich die Konservativen nach Vorhersagen eine knappe Mehrheit im Repräsentantenhaus sichern und die von ihnen verhasste Sprecherin Nancy Pelosi loswerden, doch der Sieg war viel knapper als erhofft. Und die angepeilte Senatsmehrheit wurde höchstwahrscheinlich sogar verfehlt.

Ron DeSantis (hier mit Ehefrau Casey) wurde mit Rekordmehrheit als Gouverneur Floridas wiedergewählt. Er könnte der nächste Präsidentschaftskandidat der Republikaner werden.
Ron DeSantis (hier mit Ehefrau Casey) wurde mit Rekordmehrheit als Gouverneur Floridas wiedergewählt. Er könnte der nächste Präsidentschaftskandidat der Republikaner werden. dpa/Rebecca Blackwell

Ron DeSantis ist gefährlichster Rivale von Donald Trump

Es gab dennoch einen großen Sieger in der Republikaner-Riege: Ron DeSantis wurde mit Rekordmehrheit als Gouverneur von Florida wiedergewählt und gilt nun mehr denn je als Hoffnungsträger für die Präsidentschaftswahl 2024. Zum Ärger von Donald Trump, der Drohungen anstatt Gratulationen an die Adresse des Parteigenossen schickte.

Bei seiner Siegesrede ließ sich DeSantis von seinen Anhängern feiern. Diese skandierten „Two More Years“ – zwei weitere Jahre. Ein Fingerzeig, dass der 44-Jährige in zwei Jahren sich auf das Weiße Haus fokussieren wird. Der große Verlierer der Nacht war nicht selbst angetreten. Stattdessen hatte Ex-Präsident Donald Trump seine bevorzugten Kandidaten ins Rennen geschickt. Voraussetzung: Sie mussten offen verkünden, dass Trump die Wahl 2020 gestohlen wurde.

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Ron DeSantis (l.) ist Donald Trumps gefährlichster Gegenspieler im Rennen um die US-Präsidentschaftskandidatur.
Ron DeSantis (l.) ist Donald Trumps gefährlichster Gegenspieler im Rennen um die US-Präsidentschaftskandidatur. dpa/Manuel Balce Ceneta

Doch die MAGA-Fraktion (benannt nach Trumps einstigem Wahlkampfslogan „Make America Great Again“) versagte insbesondere beim Kampf um Senatsposten in umkämpfen Bundesstaaten wie Pennsylvania oder auch New Hampshire. Selbst Wähler in konservativen Bundesstaaten fanden die rechtspopulistischen Ansichten der MAGA-Politiker zu extrem.

Trump-Anhänger schnitten in Wahlen mies ab

Trump, der schon nächste Woche seine erneute Kandidatur um die Präsidentschaft bekannt geben könnte, hatte am Wahltag in einem TV-Interview verkündet: „Wenn die von mir unterstützten Kandidaten gewinnen, lag es an mir. Wenn sie verlieren, sollte mir keine Schuld dafür gegeben werden!“

Ein Wahlhelfer bereitet die Auszählung der Stimmzettel vor – die Midterms sind die Schicksalswahlen für US-Präsident Joe Biden.
Ein Wahlhelfer bereitet die Auszählung der Stimmzettel vor – die Midterms sind die Schicksalswahlen für US-Präsident Joe Biden. dpa/Ken Lambert/The Seattle Times

Dann schickte er eine Warnung nach Florida: „Ich denke, wenn (DeSantis) antritt, könnte er sich selbst sehr schlimm wehtun. Ich denke, er würde einen Fehler machen, weil die Basis es nicht mögen wird!“ Um dann eine Schmutzkampagne anzukünden: „Wenn er trotzdem antritt, könnte ich Dinge über ihn erzählen, die nicht sehr schmeichelhaft wären. Ich weiß mehr über ihn als jeder andere – eventuell sogar mehr als seine Frau!“

Der konservative Kolumnist Marc Thiessen las ausgerechnet auf Sendung in Trumps Haussender Fox News der MAGA-Fraktion die Leviten. Er verwies darauf, dass das Land die schlimmste Inflation, Verbrechenswelle, illegale Immigrationskrise und den unpopulärsten Präsidenten seit 80 Jahren habe: „Die Demokraten hätten untergehen müssen. Doch die Wähler haben sich die republikanische Alternative angeschaut und gesagt, Nein Danke!“

Thiessen endete mit einen Schuss vor den Bug: „Die Republikanische Partei muss nach diesem Desaster in den Spiegel schauen und sich hinterfragen. Wir müssen umdrehen!“