Julian Assange wird nicht an die USA ausgeliefert - einstweilen
Richterin in London sieht das Leben des WikiLeaks-Gründers in US-Haft in Gefahr

London - Der australische WikiLeaks-Gründer Julian Assange (49) wird nicht in die USA ausgeliefert. Dieses Urteil fällte Richterin Vanessa Baraitser im Westminster Magistrates Court zu London. Die USA könnten nicht sicherstellen, dass er sich dort in Isolationshaft nicht das Leben nimmt.
Stellvertretend für die USA hatte die britische Staatsanwaltschaft die Auslieferung beantragt. Die USA wollen Berufung einlegen.
Sie verlangten die Auslieferung Assanges, weil er 2010 geholfen habe, dass von der US-Militärangehörigen Chelsea (damals noch Bradley) Manning Massen gehackter, geheimer US-Unterlagen veröffentlicht wurden. Darin ging es unter anderem um Kriegsverbrechen amerikanischer Soldaten im Irak und in Afghanistan. Assange habe damit Spionage betrieben und das Leben von US-Informanten in Gefahr gebracht, so der Vorwurf. Inzwischen gibt es in den USA 18 Anklagepunkte gegen den Australier, die zu einer Haftstrafe von 175 Jahren führen könnten.
Seine Unterstützer sehen in ihm hingegen einen investigativen Journalisten, der Kriegsverbrechen ans Licht gebracht hat. Seine Behandlung sei Folter gleichzusetzen, und in den USA erwarte ihn kein faires Gerichtsverfahren.
Assange hatte sich 2012 in die Botschaft Ecuadors in London geflüchtet, weil er fürchtete, über Schweden an die USA ausgeliefert zu werden. In Schweden liefen Ermittlungen wegen eventueller Sexualstraftaten Assanges, die 2019 allerdings eingestellt wurden. Im April desselben Jahr setzten ihn die Ecuadorianer vor die Tür.
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Im Anschluss wurde Assange zu 50 Wochen Gefängnis verurteilt, weil er sich der britischen Justiz entzogen habe. Danach blieb er wegen des US-Auslieferungsbegehrens in Haft. Die Londoner Richterin erklärte, dass Assange den Eindruck eines depressiven, manchmal verzweifelten Mannes mache, und ordnete seine Entlassung an.
Gesetze und britisch-amerikanische Verträge hätten allerdings eine Auslieferung erlaubt. Die Richterin zog auch in Zweifel, dass US-Präsident Trump Assange feindlich gesonnen sei. Der Australier musste sich anhören, dass er tatsächlich US-Informanten aus dem Kriegsgebiet des mittleren Ostens in Gefahr gebracht habe, weil ihre Namen in den veröffentlichten Papieren nicht geschwärzt worden seien: „Das Recht auf freie Meinungsäußerung bietet Menschen wie Herrn Assange keinen uneingeschränkten Ermessensspielraum, um über das Schicksal anderer zu entscheiden.“