Die Journalistin Schirin Abu Akle wurde erschossen. Ihre Todesumstände sind noch ungeklärt.
Die Journalistin Schirin Abu Akle wurde erschossen. Ihre Todesumstände sind noch ungeklärt. Imago/ZUMA Wire

Die Nachricht geht um die Welt! Wieder ist eine Journalistin bei der Ausübung ihrer Arbeit getötet worden. Seit 20 Jahren berichtet Schirin Abu Akle für den arabischen Sender Al Jazeera über den Konflikt im Nahen Osten. Abu Akle stammt aus Jerusalem und galt als sehr erfahren. In der arabischen Welt war sie das Gesicht der Krisen-Berichterstattung, doch nun wurde sie erschossen, als sie in der Stadt Dschenin im Westjordanland über eine Aktion der israelischen Armee berichten wollte. Sie starb im Alter von 51 Jahren.

Tod von Schirin Abu Akle: Eine Geschichte, zwei Versionen

Die Gemengelage wirkt zunächst undurchsichtig. Denn es existieren zwei Varianten der Geschichte um den Tod der Journalistin. Eine stammt von einem Kollegen, der mit Abu Akle unterwegs war. Er selbst wurde schwer verletzt und berichtet, dass Abu Akle von einer Kugel ins Gesicht getroffen wurde und sofort tot war. Der Journalist und der Sender geben an, dass israelische Soldaten ohne Vorwarnung auf die beiden Journalisten, die Presse-Westen trugen, gefeuert hätten. Der erste Präzisionsschuss hätte den Kollegen, der zweite Abu Akle getroffen.

Von israelischer Seite wird der Sachverhalt jedoch ganz anders dargestellt. Laut einem Armeesprecher habe es einen Schusswechsel mit Palästinensern gegeben. Während die Palästinenser wild um sich geschossen hätten, hätten die israelischen Soldaten präzise auf die Angreifer, aber nicht auf die Journalisten geschossen, so die offizielle Aussage. Das Problem: In der Erzählung von Al Jazeera gab es keine palästinensischen Angreifer und somit auch keinen Schusswechsel.

Schirin Abu Akle war in der arabischen Welt nicht irgendeine Journalistin, laut der renommierten israelischen Zeitung Haaretz war sie ein Symbol einer starken, palästinensischen Frau. Entsprechend fällt die Reaktion in der Autonomiebehörde aus. Für den palästinensischen Politiker Mustafa Barghouti ist die Sache klar: „Die israelische Armee nutzt immer dieselben Ausreden um Verbrechen, die sie gegen Palästinenser und palästinensische Journalisten begeht, zu vertuschen.“ Er bezeichnete Abu Akle als „Märtyrerin der Wahrheit“.

Und auch von israelischer Seite, versuchte man schnell, die eigene Lesart über sämtliche Kanäle zu verbreiten. Es sei wahrscheinlich, dass Schüsse von Palästinensern für den Tod von Abu Akle verantwortlich seien, sagte beispielsweise Israels Regierungschef Naftali Bennett. Zudem veröffentlichte die Regierung über sämtliche Kanäle Videos, die zeigen sollen, dass es in Dschenin tatsächlich einen Schusswechsel gegeben habe.

USA, EU und UNO verurteilen die Tötung von Abu Akle

Der Tod von Schirin Abu Akle, die die palästinensische und die US-amerikanische Staatsbürgerschaft hatte, sorgte weltweit für Aufsehen. Die USA, die Europäische Union und die UNO verurteilten die Tötung der Journalistin. US-Außenministeriumssprecher Ned Price sagte, dass die Untersuchung unverzüglich und gründlich erfolgen müsse, damit die Verantwortlichen zur Rechenschaft gezogen werden können.

Die israelische Regierung hat nun angekündigt, den Fall aufzuklären. Ein Kooperationsangebot lehnte die palästinensische Seite allerdings ab. Man wolle zunächst unabhängige Untersuchungen abschließen, so Hussein al-Sheikh, Minister für Zivilangelegenheiten der palästinensischen Autonomiebehörde auf Twitter. An denen ist auch der palästinensische Arzt Reyan Al-Ali beteiligt. Der stellte bei einer Pressekonferenz klar, dass er erst nach der Untersuchung sagen könnte, wer die Schüsse abfeuerte.

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Auch Isarael will nun offenbar die Kugel, die Schirin Abu Akle getötet hatte, untersuchen. Wie Haaretz berichtet, bot Israels Vertreter im Westjordanland an, während der Untersuchung des Projektils die Anwesenheit von Beobachtern der Palästinenser und der Vereinigten Staaten zuzulassen. Eine Antwort steht bislang aus.