Vizekanzler Robert Habeck verteidigte die „Gerechtigkeitslücke“ bei der Gaspreisbremse.
Vizekanzler Robert Habeck verteidigte die „Gerechtigkeitslücke“ bei der Gaspreisbremse. imago/Bernd Elmenthaler

Für viele Kritiker kommt sie mit dem Start ab März zu spät, für viele wird zu viel Geld nach Gießkannen-Prinzip verteilt – die Kritik an der Gaspreisbremse reißt nicht ab. Und selbst Vizekanzler Robert Habeck (Grüne) gibt jetzt zu: Die geplante Gaspreisbremse ist ungerecht, denn es musste ja schnell gehen!

Auch Habeck muss eingestehen, dass die bisher geplante Ausgestaltung der Bremse nach dem Motto läuft: Wer viel verbraucht, bekommt auch viel Hilfe – und das sind oft eher Reiche. Es sei ein „pauschales Instrument“, versuchte Habeck in den ARD-„Tagesthemen“ am Mittwochabend das zu erklären.

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„Es ist in dem Sinne ungerecht, als dass große Verbräuche – die meistens einhergehen mit hohen Einkommen (…) – die gleiche Entlastung bekommen wie kleinere Einkommen und geringere Verbräuche. Das muss korrigiert oder aufgefangen werden durch aktive Sozialpolitik.“ Deswegen seien die Maßnahmen bei den Entlastungspaketen vor allem auf die unteren Einkommen gerichtet, so der Vizekanzler. „Insgesamt soll das dann ein ausgewogenes Paket werden.“

Experten schlugen Stufenmodell für Gaspreisbremse vor

Die von der Regierung eingesetzte Expertenkommission hatte am Montag ein Stufenmodell vorgelegt. Die Fachleute schlagen im Dezember eine Einmalzahlung für Gaskunden in Privathaushalten und Gewerbe vor sowie Preisbremsen für ein Grundkontingent an Gas ab März für diese Gruppen. Für Großkunden in der Industrie soll den Vorschlägen zufolge ab Januar eine Gaspreisbremse greifen.

Nicht nur für die wirtschaftspolitische Sprecherin der Unionsfraktion, Julia Klöckner (CDU), ist März viel zu spät: „Da ist der Winter vorbei. Das ist wie Autofahrern am Ende des Winters Winterreifen zu verkaufen, die Menschen brauchen jetzt eine praktikable Lösung.“

Regierung ging Tempo vor Gerechtigkeit

So sehr auch Habeck mit der Preisbremse hadert, so wenig möchte er an der bestehenden Planung rütteln, denn es gehe jetzt darum, schnell zu handeln. Auf die Frage, ob dabei Tempo vor Gerechtigkeit stand, sagte der Grünen-Politiker dann auch in der ARD: „In gewissem Sinne ist das so.“ Doch „der Umkehrschluss wäre eben noch falscher – also: Alles perfekt zu machen, jede Gerechtigkeitsnuance zu durchdenken und dann im September nächsten Jahres das Geld auszuzahlen“, das wäre „ein fataler politischer Fehler“, verteidigt er das Ampel-Projekt.

Auch das will Klöckner nicht auf sich sitzen lassen: „Hätte die Bundesregierung zum Beispiel die Kommission im Mai, im Juni, im Juli eingesetzt, hätten wir getagt über den Sommer. Wir standen da parat als Opposition. (…) Dann hätten wir diesen Druck dieser Schnelligkeit überhaupt nicht gehabt. Sondern man hätte auch Daten zusammentragen können, was den Verbrauch zum Beispiel angeht.“

Die Vorschläge der Expertenkommission waren auf Kritik gestoßen, vor allem weil sie nach dem „Prinzip Gießkanne“ funktionieren sollen. In einem Sondervotum von Kommissionsmitglied und Verdi-Chef Frank Werneke hieß es, das vorgeschlagene Modell der Gaspreisbremse sei nicht ausreichend sozial ausbalanciert.