Auch in Pizzakartons werden die gefährlichen Chemikalien verwendet.
Auch in Pizzakartons werden die gefährlichen Chemikalien verwendet. Tim Wegner/epd

Man kann sie nicht riechen, nicht schmecken, nicht sehen. Und wenn sie in die Umwelt gelangen, bleiben sie dort lange Zeit bestehen. Aufgrund ihrer besonderen Eigenschaften sind die sogenannten Ewigkeitschemikalien PFAS (gesprochen Pifas) in der Industrie sehr beliebt. Weil sie unter anderem sehr stabil und öl-, schmutz- wie auch wasserabweisend sind, finden sie sich in Alltagsgegenständen wie Anoraks, Pfannen, Zahnseide und Kosmetik, sind aber auch Teil von Industrieprozessen und technischen Anwendungen. Und das, obwohl sie unter Verdacht stehen, Krebs zu verursachen, unfruchtbar zu machen und das Immunsystem zu schwächen.

1500 Orte in Deutschland mit PFAS verseucht

Und diese rund 10.000 künstlich hergestellten per- und polyfluorierten Chemikalien sind in Deutschland viel weiter verbreitet als angenommen. Am Donnerstag veröffentlichten Recherchen von SZ, NDR und WDR zufolge lassen sich an mehr als 1500 Orten in ganz Deutschland PFAS nachweisen, darunter mehr als 300 Hotspots mit erheblichen Gefahren für die menschliche Gesundheit. Bei den Standorten handelt es sich zum Beispiel um militärisch genutzte Gelände, um Flughäfen oder Industriestätten. In vielen der zusammengetragenen Fälle haben die Behörden offenbar nicht einmal die Bevölkerung vor Ort informiert.

Einige PFAS finden unter anderem über Kläranlagen ihren Weg in Flüsse, Seen und Meere. Im vergangenen Jahr ergab eine Studie, dass PFAS selbst in den entlegensten Weltregionen im Regenwasser nachweisbar sind. „Mit der Aufnahme von PFAS aus verunreinigten Böden und Wasser in Pflanzen und der Anreicherung in Fischen werden diese Stoffe auch in die menschliche Nahrungskette aufgenommen“, schreibt das Umweltbundesamt. Menschen können PFAS zudem über die Luft und Trinkwasser aufnehmen.

Outdoorbekleidung wird immer beliebter – dort sind jedoch auch PFAS verarbeitet.
Outdoorbekleidung wird immer beliebter – dort sind jedoch auch PFAS verarbeitet. Panthermedia/imago

Einige PFAS sind bereits weitgehend verboten, weil sie als gefährlich gelten. „Von den relativ wenigen gut untersuchten PFAS gelten die meisten als mittel- bis hochtoxisch, vor allem für die Entwicklung von Kindern“, schreibt die Europäische Umweltagentur (EEA). Laut Umweltbundesamt stecken schon heute PFAS im Blut fast aller Menschen – in Blutproben von Kindern und Jugendlichen wurden bei jedem fünften Probanden ziemlich hohe Werte festgestellt.

Bei jedem fünften Kind fand man PFAS im Blut

Deutschland, Dänemark, Norwegen, die Niederlande und Schweden fordern jetzt ein Verbot der ewigen Chemikalien. Sie reichten dies im Januar bei der EU-Chemikalienagentur ECHA ein. Eine Regelung müsste die EU-Kommission ausarbeiten, die sie dann den Mitgliedstaaten vorschlägt. Mit einer Umsetzung des Verbots wird daher frühestens 2026 gerechnet.

Die fünf europäischen Länder schätzen, dass in den kommenden 30 Jahren mindestens 4,4 Millionen Tonnen PFAS in die Umwelt gelangen, wenn es keine Regelung für die risikoreichen Chemikalien gibt. Unternehmen sollen je nach Verwendungszweck und Verfügbarkeit zwischen anderthalb und zwölf Jahren Zeit bekommen, um auf alternative Stoffe umzustellen.