Ein Rettungseinsatz der Ocean Viking.
Ein Rettungseinsatz der Ocean Viking. Imago/Vincenzo Circosta

Es braut sich etwas zusammen über dem Mittelmeer - und das hat viel weniger mit den aufkommenden Herbststürmen zu tun, als mit dem Regierungswechsel in Italien. Nach der Regierungsübernahme durch die postfaschistische Partei Fratelli d’Italia erklärte die neue Ministerpräsidentin Giorgia Meloni direkt, dass sie die Fluchtrouten über das Mittelmeer schließen wolle. 

Damit würde sie an die Politik anknüpfen, die ihr Koalitionspartner, die rechtsradikale Lega von Matteo Salvini, zwischen 2018 und 2019 fuhr. Der damalige italienische Innenminister hatte es zivilen Seenotrettungsschiffen quasi unmöglich gemacht, gerettete Menschen an Land zu bringen. Und die Geschehnisse auf dem Mittelmeer deuten darauf hin, dass sich dieses Leid für die Menschen nun wiederholt.

Not auf dem Mittelmeer: Seenotretter finden keine Häfen

Aktuell finden nämlich mehrere zivile Seenotrettungsschiffe auf dem Mittelmeer keinen Hafen zum Anlegen. Laut der Organisation „SOS Humanity“ sei das Schiff „Humanity 1“ derzeit mit 179 Geflüchteten an Bord auf der Suche nach einem sicheren Hafen. Bereits 14 Tage ist es her, dass das Schiff die ersten Geflüchteten aufgenommen hatte, doch die Koordinierungsstellen in Malta und Italien haben den Rettern noch immer keinen Hafen zugewiesen. 

Italiens postfaschistische Ministerpräsidentin Giorgia Meloni.
Italiens postfaschistische Ministerpräsidentin Giorgia Meloni. dpa/Alessandra Tarantino

Laut „SOS Humanity“ werde die Wartezeit für die Geflüchteten und die Retter immer mehr zu einer Belastungsprobe. Erschwerend hinzu komme, dass unter den Schutzsuchenden mehr als 100 unbegleitete Minderjährige seien. Der körperliche Zustand der Menschen soll sich immer weiter verschlechtern, auch weil einige noch unter der Gewalt leiden, die ihnen vor der Abfahrt in Libyen widerfahren sei.

Die „Humanity 1“ ist derweil nicht das einzige Schiff, dass ohne Zielhafen auf dem Mittelmeer herumschippert. Auf der von „Ärzte ohne Grenzen“ unterhaltenen „Geo Barents“ harren weitere 572 Schutzsuchende aus, die zwischen dem 27. und dem 29. Oktober gerettet wurden. Die „Ocean Viking“ des internationalen Verbundes „SOS Méditerranée“ ist mit mehr als 230 Überlebenden im Mittelmeer unterwegs.

Mission Lifeline: 95 Geflüchtete, darunter 8 Babys

Und auch die NGO Mission Lifeline aus Dresden beklagt, dass ihrem Schiff der „Rise Above“ mit 95 Geflüchteten an Bord ebenfalls noch kein Hafen zugewiesen wurde. Die Menschen wurden bei insgesamt drei Einsätzen gerettet. Unter ihnen sei der Anteil an Frauen, Kindern und Babys ungewöhnlich hoch, teilte die Organisation mit. „Um die Gesundheit der 8 Babys sowie der kleineren Kinder machen wir uns besonders große Sorgen. Viele waren zum Zeitpunkt der Rettung bereits seit Tagen auf See und sind extrem erschöpft“, heißt es in einer Mitteilung. „Sie müssen so schnell wie möglich und ohne große Umwege an einen sicheren Ort gebracht werden, um die besonders für Kinder grundlegenden menschlichen Bedürfnisse decken zu können. Auf See ist das nicht möglich.“

Da es sich bei der „Rise Above“ um ein kleines Rettungsschiff handelt, übergeben die Retter die geretteten Geflüchteten üblicherweise schnell an größere Rettungsschiffe. Da die aber ebenfalls keine Häfen anlaufen können, ist das derzeit nicht möglich.

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Das Mittelmeer ist eine gefährliche und extrem tödliche Fluchtroute. In diesem Jahr kamen auf diesem Wege bereits laut offiziellen Zahlen 1765 Menschen ums Leben. Die Dunkelziffer dürfte deutlich höher liegen. Eine staatliche Seenotrettung gibt es nicht, im Gegenteil: Immer wieder gibt es Berichte darüber, dass europäische Staaten sogar direkt oder indirekt an illegalen Pushbacks beteiligt sind. Die Lebensrettung im Mittelmeer wird von Privaten Organisationen betrieben.