Die Rechnungen stapeln sich, das Geld wird immer knapper. Warum nehmen wir die Inflation drastischer wahr, als sie eigentlich ist?
Die Rechnungen stapeln sich, das Geld wird immer knapper. Warum nehmen wir die Inflation drastischer wahr, als sie eigentlich ist? imago images/Christian Ohde

Das Geld, was ich heute verdiene, ist längst nicht mehr wert, was es einmal war. Alles ist so unendlich viel teurer geworden. Stimmt gar nicht, sagt ein Forscher und verrät, was es mit der gefühlten Inflation auf sich hat und warum uns die Geldentwertung so gigantisch vorkommt.

7,2 Prozent Teuerung in Deutschland, bei einigen Produkten liegt der Zuwachs aber deutlich darüber. Bei vielen Menschen reißt das ein großes Loch ins Portemonnaie. Zwar versucht die Europäische Zentralbank seit Monaten gegenzusteuern. Jüngst wurde der Leitzins auf 3,75 Prozent erhöht. Doch deutlich spürbar ist die drastische Inflation noch immer.

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Nehmen Inflation drastischer wahr

Aber wie schlimm ist es wirklich? Prof. Johannes Treu, Professor für Allgemeine BWL und VWL an der IU Internationalen Hochschule, hat da eine ganz eigene These. Er ist sicher: Für viele Menschen fühlt es sich so an, als hätten die Preise sehr viel stärker zugelegt, als das in Wahrheit der Fall ist.

„Dafür gibt es mehrere Gründe: Verbraucherinnen und Verbraucher neigen dazu, Preiserhöhungen bei bestimmten Produkten und Dienstleistungen, die sie regelmäßig kaufen, stärker wahrzunehmen als Preissenkungen bei anderen Produkten“, erklärt der Professor und führt als Beispiele steigende Preise für Lebensmittel, Mieten und Gesundheitsdienstleistungen an.

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Prof. Dr. Johannes Treu erklärt, warum die gefühlte Inflation so viel höher ist als die tatsächliche.
Prof. Dr. Johannes Treu erklärt, warum die gefühlte Inflation so viel höher ist als die tatsächliche. IU Internationale Hochschule/dpa

Das die Preise für andere Waren und Dienstleistungen möglicherweise stabil geblieben oder sogar gesunken sind, fällt da weniger auf. Und er weiß auch: „Preiserhöhungen bleiben grundsätzlich besser im Gedächtnis als Preissenkungen.“

Aber es gibt noch einen anderen wichtigen Grund, warum es uns vorkommt, als würden die Preise nach wie vor explodieren. „Hinzu kommen Erwartungseffekte“, betont Prof. Johannes Treu. „Wenn Verbraucherinnen und Verbraucher erwarten, dass die Inflation steigt, nehmen sie die auch eher wahr.“

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Inflation ist immer auch persönlich

Ein Teil der Wahrheit ist aber auch, dass Inflation immer auch eine persönliche Komponente hat. Wer viel Obst und Gemüse isst, spürt die Teuerung in diesem Bereich besonders stark. So kann die persönliche Inflation, die vom eigenen Konsumverhalten abhängt, durchaus höher sein, als die offizielle Inflationsrate, die anhand eines Warenkorbs berechnet wird, der eine breite Palette von Gütern und Dienstleistungen abdeckt.

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Deshalb hat Prof. Johannes Treu noch einen Tipp parat: Es hilft, „auf die Preise aller Produkte und Dienstleistungen zu achten, die regelmäßig gekauft werden – nicht nur auf bestimmte. Sind die Preise einzelner Waren tatsächlich stark gestiegen, könnte man nach Alternativen suchen oder das Konsumverhalten ändern, um die Auswirkungen aufs Budget zu minimieren“.

Er weiß: „In Panik zu verfallen ist generell das Schlimmste, was man jetzt tun könnte. Vielmehr sollte man jetzt die Chance nutzen, sein Konsumverhalten zu ändern und seine finanzielle Bildung zu verstärken, damit man die gesamtwirtschaftlichen Zusammenhänge versteht. So wird auch langfristig die individuelle wirtschaftliche Widerstandsfähigkeit gestärkt.“