Nach Protestaktion im russischen Fernsehen

„In Russland werde ich sofort inhaftiert“ – wird die mutige Reporterin Marina Owsjannikowa ihre beiden Kinder jemals wiedersehen?

In Deutschland fühlt sich die Journalistin sicher, bereut trotz aller Schwierigkeiten ihre Aktion im Fernsehen keineswegs.

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Die durch ihren Kriegsprotest im russischen Fernsehen bekannt gewordene Journalistin Marina Owsjannikowa bereut ihre Aktion nicht.
Die durch ihren Kriegsprotest im russischen Fernsehen bekannt gewordene Journalistin Marina Owsjannikowa bereut ihre Aktion nicht.dpa/Annette Riedl

Wenige Sekunden machten sie weltbekannt: Im März protestierte die Journalistin Marina Owsjannikowa live im russischen Fernsehen gegen den Krieg in der Ukraine. Drei Monate später fühlt sie sich zwar sicher in Deutschland, aber der lange Arm des Kreml erreicht sie auch hier.

„Ich kann nicht nach Russland zurückkehren, unter keinen Umständen, denn – so weit ich weiß – werde ich sofort inhaftiert werden“, begründete die 44-Jährige in einem Interview in Berlin, warum sie wohl dauerhaft in Deutschland bleiben will. „In Deutschland fühle ich mich ziemlich sicher. Aber ich bin ständig Mobbing und Hass in sozialen Netzwerken ausgesetzt.“

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Bei ihrer Protestaktion merkte Marina Owsjannikowa zuerst nicht, dass ihr Plakat vom Kopf der Moderatorin teilweise verdeckt war.
Bei ihrer Protestaktion merkte Marina Owsjannikowa zuerst nicht, dass ihr Plakat vom Kopf der Moderatorin teilweise verdeckt war.IMAGO

Protest im russischen Fernsehen änderte ihr Leben

Die damalige Redakteurin des russischen Staatsfernsehens hatte am 14. März in einer Livesendung des Ersten Kanals ein Protestplakat gegen den russischen Angriffskrieg in der Ukraine gezeigt. Darauf stand: „Stoppt den Krieg. Glaubt der Propaganda nicht. Hier werdet ihr belogen“. Dafür bekam sie weltweit Anerkennung. Der Kreml in Moskau verurteilte die Aktion. Die Journalistin erhielt Geldstrafen.

Nun versuche der Kreml systematisch, ihre Glaubwürdigkeit zu untergraben, sagte Owsjannikowa: „Der Kreml will allen sagen, glauben Sie dieser Person nicht, sie ist fake, das war kein echter Protest. Als ich noch in Russland war, sagten sie: Sie ist eine britische Agentin. Wenn ich Russland verlasse, sagen sie: Sie ist eine russische Agentin, glaubt ihr nicht.“

Doch fügte sie hinzu: „Ich bin nicht fake.“ Auch die Ukraine zweifle an ihrer Glaubwürdigkeit. Sie habe dort über russische Kriegsverbrechen berichten wollen, doch habe sie in der Ukraine nicht arbeiten dürfen. Ihre Mitarbeit bei der deutschen Welt-Gruppe sei ebenfalls beendet, sagte die Journalistin. „Ich habe keinen Job.“

Ex-Mann will, dass Marina Owsjannikowa ihre beiden Kinder nie wieder sieht

Ihre beiden Kinder seien in Moskau, fügte sie hinzu. Ihr Ex-Mann wolle gerichtlich durchsetzen, dass sie Tochter und Sohn nie wieder sehen dürfe. Auf Facebook, Twitter oder Instagram werde sie gemobbt. „Deshalb ist meine Situation sehr kompliziert, aber ich versuche, den Optimismus nicht zu verlieren.“

Ihre Protestaktion halte sie nach wie vor für richtig, fügte die Journalistin hinzu. „Ich würde das noch mal tun. Ich nehme nicht eines meiner Worte zurück.“