Charles Michel, der Präsident des Europäisches Rates, ist stinkig über die Briten. 
Charles Michel, der Präsident des Europäisches Rates, ist stinkig über die Briten.  Foto: Pool AFP/dpa/John Thys

Fehlt nur noch, dass sie sich mit Spritzen bewerfen: Im Impfstoff-Streit mit der EU hat Großbritannien die EU-Vertreterin in London  ins Außenministerium einbestellt. Das gilt im diplomatischen Umgang als scharfe Form des Protests.  Hintergrund ist Kritik von EU-Ratspräsident Charles Michel an einer angeblichen Sperre für den Export von Corona-Impfstoffen aus Großbritannien. London nennt dies eine Falschbehauptung.

Der britische Premier Boris Johnson: „Wir haben nicht einmal den Export einer einzigen Covid-19-Impfung blockiert.“ Alle Verweise auf ein Exportverbot oder Einschränkungen für Impfstoffe seien komplett falsch, hieß es zuvor schon von einem Regierungssprecher. Ein gleichlautendes Schreiben schickte Außenminister Dominic Raab an Michel. Der Ratspräsident werde mit einem offiziellen Schreiben antworten, teilte die EU-Vertretung in London mit.

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Michel hatte zuletzt das EU-Programm zur Impfstoffbeschaffung verteidigt. Behauptungen, die EU betreibe Impf-Nationalismus, seien schockierend, schrieb Michel. Beispielsweise stamme der größte Teil des in Israel verabreichten Impfstoffs aus Belgien. Die EU habe nie aufgehört zu exportieren.

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Anders sei das in den USA und Großbritannien. Die beiden Staaten hätten „eine regelrechte Sperre verhängt für den Export von Impfstoffen oder Impfstoff-Komponenten, die auf ihrem Gebiet produziert werden“.  Tatsächlich beklagen EU-Vertreter seit Wochen, dass faktisch nur aus der EU in großem Maßstab Corona-Impfstoff in Drittstaaten exportiert werde. „Politisch hat Michel Recht, auch wenn seine Wortwahl nicht ganz präzise war“, sagte der CDU-Europaabgeordnete Peter Liese. Großbritannien, das Vereinigte Königreich (UK), verfolge mit dem Impfstoff von Astrazeneca  eine Politik „UK-first“.

Das britisch-schwedische Unternehmen begründe seinen großen Rückstand bei Lieferungen an die EU genau damit: „Sie sagen, sie haben einen ‚UK-First-Vertrag‘“, sagte Liese. „Erst wenn es genug für Großbritannien gibt, sind sie bereit zu exportieren.“ Doch sei zumindest noch im Januar Astrazeneca-Impfstoff in größeren Mengen aus Dessau nach Großbritannien gegangen. Johnson  „sollte nicht wütend werden, wenn man darauf hinweist.“

Der Fraktionschef der Europäischen Volkspartei, Manfred Weber (CSU) griff den britischen Außenminister Raab scharf an. Statt die EU zu belehren solle Raab offenlegen, viel Impfstoff Großbritannien nach Europa und in andere Regionen exportiert habe. In den vergangenen Monaten seien acht Millionen Impfdosen von Biontech/Pfizer nach Großbritannien gegangen. „Wie viele Impfungen haben Sie nach Europa gesendet?“