Hilfeschrei und düstere Mahnungen: Tut was gegen den Klimawandel!
Ein kleines Land fürchtet, im Meer unterzugehen, aber große Staaten wollen mit dem Klimaschutz warten

Es ist ein Hilfeschrei eines Zwergs, den Klimawandel wirkungsvoll zu bekämpfen, aber es ist fraglich, ob die Riesen ihn hören: Der Inselstaat Palau im Pazifik geht unter, immer öfter haben die 19.000 Einwohner wegen des steigenden Meeresspiegels mit Überschwemmungen zu kämpfen. „Wir müssen handeln, und zwar sofort, weil es sonst um unser Aussterben geht“, sagte Staatschef Surangel Whipps Jr. bei der Weltklimakonferenz „COP26“ im schottischen Glasgow, wo 25.000 Teilnehmer zwei Wochen lang debattieren.
UN-Generalsekretär Antonio Guterres jedenfalls sieht schwarz. Die Anstrengungen der großen Industrie- und Schwellenländer reichten hinten und vorne nicht aus, um eine Katastrophe abzuwenden. Er rief die Regierungsvertreter auf, mehr zu tun. „Wir graben unser eigenes Grab“, warnte Guterres bei der Auftaktveranstaltung mit Dutzenden Staats- und Regierungschefs.

Regierungen müssten Subventionen für fossile Brennstoffe beenden, aus der Kohle aussteigen, einen Preis für sämtliche Emissionen festlegen. Selbst, wenn alle Versprechungen eingehalten würden, steige die Erwärmung zur Jahrhundertwende auf 2,7 Grad über vorindustriellem Niveau. „Wir steuern immer noch auf eine Klimakatastrophe zu.“
„Es ist an der Zeit, zu sagen: Genug“, sagte Guterres. „Genug brutale Angriffe auf die Artenvielfalt. Genug Selbstzerstörung durch Kohlenstoff. Genug davon, dass die Natur wie eine Toilette behandelt wird.“
Die Gruppe der 20 wichtigsten Industrie- und Schwellenländer (G20) habe eine besondere Verantwortung, weil sie für 80 Prozent der schädlichen Treibhausgase verantwortlich sei. Aber die G20 hatten gerade in Rom nur flaumweich vereinbart, daran zu arbeiten, die Erwärmung möglichst bei 1,5 Grad zu begrenzen. Russland und China beispielsweise wollen mit der sogenannten Klimaneutralität bis 2060 warten, Indien legt sich nicht fest.
Der britische Thronfolger Prinz Charles erinnerte an die wichtige Rolle des Privatsektors für eine klimaneutrale Zukunft. Industrie und Banken hätten Billionen, um die Transformation voranzutreiben. „Wir wissen durch die Corona-Pandemie, dass der Privatsektor Fristen drastisch verkürzen kann, wenn sich alle auf die Dringlichkeit und Richtung einer Sache einigen.“
„Lasst uns diese Bombe entschärfen“
Der Gastgeber der Konferenz, der britische Premierminister Boris Johnson, schwor die Weltgemeinschaft ebenfalls auf schnelles und ehrgeiziges Handeln ein. „Es ist eine Minute vor Mitternacht auf der Uhr des Weltuntergangs“, sagte er. „Wir fühlen uns vielleicht nicht wie James Bond, und sehen vielleicht auch nicht so aus.“ Aber mit Blick auf den Film-Geheimagenten und die Gefahr der Erderhitzung sagte er: „Lasst uns diese Bombe entschärfen.“
Die geschäftsführende Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) gestand bei ihrer Ansprache ein: „Wir müssen zugeben, dass wir die 100 Milliarden US-Dollar Finanzierung erst 2023 erreichen.“ Das sagte sie mit Blick auf das ursprüngliche Ziel der Industriestaaten, bereits bis 2020 jährlich 100 Milliarden US-Dollar ärmeren Staaten zur Verfügung zu stellen, um mit den Folgen des Klimawandels fertig zu werden. Dieses Ziel werde zwar später erreicht, aber die zugesagten Mittel würden gezahlt, versicherte Merkel. Deutschland werde hier „einen beträchtlichen Beitrag“ leisten.