Vor 200 Jahren erfunden: Wasserdichte Gummimäntel
High-Tech-Stoffe machen Friesennerz den Garaus
Wasserdichte Mäntel und Jacken: Die Idee kam vor 200 Jahren einem schottischen Chemiker, der wissen wollte, was man mit Gaswerk-Abfall anstellen kann

Was macht man bloß mit dem Abfall von Gaswerken. Das trieb den Chemiker Charles Macintosh um. Er probierte und untersuchte, und dann stellte er fest: Rohbenzin (Naphtha) aus dem Abfallprodukt Steinkohleteer, das bei der Koksherstellung anfällt, löst Kautschuk auf. Den Gummibrei strich der Schotte auf eine Seite eines Wolltuchs, legte eine weitere Schicht Wolle darauf – fertig war ein wasserfester Stoff. Perfekt für Regenmäntel, einem gerade in Britannien wichtigen Kleidungsstück.
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Es ist just 200 Jahre her, dass Macintosh sein Patent Nummer 4804 anmeldete: Er beanspruchte die Rechte an seiner Methode der „Herstellung, um die Textur von Hanf, Flachs, Wolle, Baumwolle, Seide sowie Leder, Papier und anderen Substanzen wasser- und luftundurchlässig zu machen“.
Der „Mac“ war geboren, dessen Urenkel, der gelbe Friesennerz, inzwischen nur noch eine Randexistenz für Hartgesottene fristet.
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Macintoshs Name wurde – über die Jahre mit einem „k“ zu „Mackintosh“ ergänzt – zum Synonym für eine Regenjacke. Später trugen auch britische Soldaten, Polizisten oder Eisenbahner gummierte Mäntel.
Die Idee, zwei Lagen Baumwolle mit einer Schicht für Regen undurchlässigen Kautschuks zu verkleben, war wegweisend für die Produktion im Industriezeitalter.
Zwar war der „Mackintosh“ keineswegs das erste wasserabweisende Kleidungsstück. Südostasiatische Bauern trugen aus Kokospalmblättern oder Stroh gewebte Mäntel und breitkrempige Hüte, europäische Seeleute tränkten ihre Segeltuchkleidung in Leinöl. Der gummierte Mantel jedoch setzte sich im 19. und 20. Jahrhundert durch.
In den 1970er wurde Deutschland gelb
In Deutschland nahm diese Art von Bekleidung in den 1970er und 1980er Jahren bei Regen Fahrt auf, in Form der gelben „Friesennerze“. Hersteller war das ursprünglich in Dänemark beheimatete Unternehmen Jeantex. In der DDR wurden gelbe Regenmäntel aus heimischer Produktion für gut 115 Mark verkauft („elpico“).
Doch Gummi – ob natürlich oder synthetisch – ist nicht„ atmungsaktiv“. „In einem Gummimantel geht der Schweiß nicht hindurch“, erläutert Thomas Stegmaier, Leiter des Kompetenzzentrums für Textilchemie, Umwelt und Energie an den Deutschen Instituten für Textil- und Faserforschung in Denkendorf (Baden-Württemberg). „Nach einiger Zeit ist die Person ziemlich feucht beziehungsweise nass vom eigenen Schweiß.“
Die Herausforderung für die Textilindustrie liegt also darin, dass ein wasserabweisendes Material auch möglichst atmungsaktiv sein soll.
Moderne Imprägnierungen waren gesundheitsschädlich und sind nicht sehr haltbar
In aller Regel seien für den entsprechenden Stoff wasserabweisende Ausrüstungen nötig, sagt Stegmaier. „Das sind sehr dünne Schichten, die um die Fasern gelegt werden.“ Früher wurden fluorhaltige Chemikalien verwendet, auf die heute aus Umweltschutzgründen verzichtet wird.
Unter dem Kürzel PFC (polyfluorierte Chemikalie) bekannte Stoffe für die Imprägnierung sind zwar wasser-, schmutz- und ölabweisend. „Diese sind aber gesundheitsschädlich, krebserregend und reichern sich in der Natur an“, sagt eine Sprecherin von Vaude, einem der deutschen Hersteller von Outdoor-Bekleidung.

Vaude - und auch einige andere Hersteller - verzichten daher mittlerweile auf die Imprägnierung mit PFC, Unternehmenschefin Antje von Dewitz ist in der Branche eine der bekanntesten Verfechterinnen umweltfreundlicher Textilproduktion.
„Stattdessen werden auf Basis von Wachsen oder Silikonen diese Dünnstbeschichtungen durchgeführt. Je nach Rezeptur und Ausführung sind diese mehr oder weniger haltbar“, sagt Thomas Stegmeier.
Wird ein solches Bekleidungsstück gewaschen, reibt die Beschichtung im Laufe der Zeit ab. „Selbst die besten Ausrüstungen für Berufsbekleidung halten nicht mehr als 40 bis 50 Wäschen aus“, sagt Stegmaier.
Eine maßgebliche Rolle bei der Entwicklung sowohl wasserdichter als auch atmungsaktiver Textilien spielte das US-Chemieunternehmen Gore. Dieses entwickelte in den 1970er Jahren eine Technologie, die unter dem Namen Goretex weite Verbreitung gefunden hat, vor allem in Berufs-, Wander- und Bergsportbekleidung.
Eine Membran revolutionierte die Welt der wetterfesten Kleidung
Robert Gore und seine Mitarbeiter erfanden eine Membran mit winzigen Öffnungen, die dampfdurchlässig sind, aber kleiner als der kleinste Wassertropfen. Die Membran wird in ein Textillaminat eingefügt.
„Die Membrane übernimmt die Atmungsaktivität und die Wasserdichtigkeit und das Textil die mechanischen Kräfte und Robustheit“, erläutert Stegmaier.
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Die Outdoor-Bekleidungshersteller imprägnieren aber üblicherweise auch derartige Textillaminate gegen Feuchtigkeit von außen. Wie eine Ente ihr Gefieder ölt, so müssen die Eigentümer ihre Kleidung von Zeit zu Zeit nachimprägnieren. Ansonsten durchfeuchtet der Stoff bei kräftigem oder andauerndem Regen trotz schützender Membran.
Ungeachtet der Haltbarkeitsprobleme haben sich diese modernen wasserabweisenden Textilien schließlich gegen Gummimäntel durchgesetzt. Zwar stellt die im nordenglischen Lancashire ansässige Firma Mackintosh die berühmten Mäntel nach wie vor her, hat ihr Sortiment aber modernisiert.
Entwickler des gelben Friesennerzes produzieren nicht mehr
In Deutschland ist der Friesennerz aus dem Straßenbild weitgehend verschwunden, Jeantex stellte schon vor Jahren den Betrieb ein. Ihr Gründer Jan Ansteen Nielsson hatte die Regenwendejacke in Gelb 1968 entworfen. Produziert werden Friesennerze noch von einem Unternehmen aus dem ostfriesischen Wittmund.