Kritische Informationen nicht weitergegeben
Hessens Polizeipräsident wegen Droh-Mail-Affäre zurückgetreten

Im Zuge der Affäre um rechtsextreme Drohschreiben ist Hessens Landespolizeipräsident Udo Münch zurückgetreten. Landesinnenminister Peter Beuth (CDU) sagte am Dienstag, er habe Münchs Bitte um Versetzung in den einstweiligen Ruhestand angenommen. Münch habe Informationen zur unerlaubten Abfrage von Daten von Polizeicomputern nicht an den Innenminister weitergegeben. In den vergangenen Wochen waren Droh-Mails an eine Landespolitikerin, eine Anwältin und zuletzt an eine Kabarettistin bekannt geworden.
Im März sei Münch in einer Videokonferenz von einer unerlaubten Abfrage berichtet worden, sagte Beuth. Der Polizeipräsident habe das Gesprächsprotokoll und den Sachverhalt nicht bewusst wahrgenommen. Aus diesem Grund sei er als Innenminister nicht informiert worden. Er sei sich mit Münch einig, "dass eine derart herausragende Information - sowohl für die Ermittlungen als auch für die politische Bewertung dieser Drohungen, unmittelbar hätte erfolgen müssen".
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Münch habe die Spitze des Ministeriums nicht bewusst über die Dimensionen der Ermittlungen im Unklaren gelassen, betonte Beuth. Dennoch übernehme er "als oberster Polizist Verantwortung für Versäumnisse, die er nicht alleine zu vertreten hat". Von dem zweiten Datenabruf, der im Februar von einem Polizeirechner ausgegangen sein soll, habe er erst am vergangenen Mittwoch von Münch erfahren, sagte Beuth.
Zunächst hatten die Frankfurter Anwältin Seda Basay-Yildiz und die hessische Linken-Fraktionschefin Janine Wissler Drohschreiben mit dem Absender "NSU 2.0" erhalten. In einem dritten Bedrohungsfall hätten die Ermittlungen ergeben, dass die Daten im März 2019 von einem Polizeirechner auf einem Wiesbadener Revier abgefragt worden seien, sagte der Innenminister. Den Namen der Kabarettistin Idil Baydar, die Berichten zufolge ebenfalls Drohmails erhielt, erwähnte Beuth nicht explizit.
Bislang habe nicht geklärt werden können, welcher dienstliche Anlass Grund für die Systemabfrage gewesen sei. Der Beamte, unter dessen Kennung die Abfrage erfolgt sei, werde im Ermittlungsverfahren als Zeuge geführt.
"Der Verdacht, dass nunmehr in drei Fällen womöglich ein Zusammenhang zu erfolgten Drohungen und Datenabfragen in polizeilichen Systemen bestehen könnte, lastet schwer", sagte Beuth. Von dieser "neuen Dimension der Ermittlungen" sei ihm erst am vergangenen Mittwoch berichtet worden. Trotz der zeitlichen Zusammenhänge polizeilicher Datenabfragen mit erfolgten Drohungen habe bisher kein kausaler Zusammenhang ermittelt werden.
Im Fall von Wissler seien Mitarbeiter des Landespolizeipräsidiums im März mündlich über die Datenabfrage informiert worden. Beuth zufolge wurde erst vergangene Woche erstmals schriftlich über Vorgänge berichtet, die im Februar und davor erfolgt seien. Diese Meldepraxis sei "nicht akzeptabel", sagte Beuth. Der Innenminister kündigte eine Reform des polizeilichen Abfragen an. Alle Polizisten sollen demnach neue Zugangsdaten erhalten. Wer sie weitergibt, werde "in jedem Fall mit Konsequenzen zu rechnen haben".
Die SPD kritisierte den Rücktritt Münchs als "Akt der politischen Verzweiflung", der neue Fragen aufwerfe. Dass ausgerechnet Münch vergessen haben soll, brisante Informationen weiterzugeben, sei "nicht glaubhaft", erklärte der Parlamentarische Geschäftsführer der SPD-Fraktion, Günter Rudolph. Die Linke erklärte, Münch sei "Beuths Bauernopfer" geworden.
Scharfe Kritik übte die Kabarettistin Baydar. Dass ihre Daten von einem hessischen Polizeicomputer abgefragt worden seien, habe sie aus der Presse erfahren, sagte sie dem Rundfunk Berlin-Brandenburg (RBB). "Von der Polizei habe ich bis heute nichts gehört. Das trägt auch nicht gerade zur Vertrauensbildung bei." Auch sie habe eine Drohmail mit dem Absender "NSU 2.0" erhalten.