Niederlage für Deutschland

Hering und Dorsch dürfen in der Ostsee kaum noch gefischt werden

Die Bestände beider Arten sind vor der deutschen Küste dramatisch eingebrochen, dürfen nebenan vor Dänemark aber weiter gefangen werden.

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Der Kutter „Seewolf“ steuert nach dem Heringsfang im Greifswalder Bodden den Hafen von Freest an. 2022 wird er weniger fangen dürfen, wenn er überhaupt noch ausläuft.  
Der Kutter „Seewolf“ steuert nach dem Heringsfang im Greifswalder Bodden den Hafen von Freest an. 2022 wird er weniger fangen dürfen, wenn er überhaupt noch ausläuft. Foto: dpa/Jens Büttner

Fischer dürfen in der westlichen Ostsee – also vor der deutschen Küste – künftig keinen Dorsch und in der Regel keinen Hering mehr gezielt fangen. Die EU-Länder einigten sich nach mehr als 24 Stunden Verhandlung am Dienstag in Luxemburg darauf, dass dort für europäische Fischer 2022 lediglich „Beifang“ in Höhe von knapp 490 Tonnen Dorsch und 788 Tonnen Hering möglich sein soll. Also nur Fische, die beim Fang anderer Arten mit ins Netz geraten. Deutschland erlitt bei den Verhandlungen eine Niederlage.

Die Länder folgen beim Hering dem Vorschlag der EU-Kommission, beim westlichen Dorsch übersteigt die Einigung den Vorschlag der Brüsseler Behörde um rund 165 Tonnen. Für Deutschland bedeutet das, dass im kommenden Jahr 435 Tonnen „westlicher Hering“ und 104 Tonnen „westlicher Dorsch“ gefangen werden dürfen.

2021 durften vor Mecklenburg-Vorpommern und Schleswig-Holstein noch knapp 1600 Tonnen Hering und 4000 Tonnen  Dorsch gefangen werden, davon durch deutsche Fischer 869 beziehungsweise 853 Tonnen. Hintergrund der neuen Regeln ist der massive Rückgang vieler Fischbestände im Westen der Ostsee.

In der Einigung findet sich eine Ausnahmegenehmigung für Fischerboote unter 12 Meter, die mit „passivem Fanggerät“ weiter gezielt Heringe fischen dürfen, also nicht mit Schlepp-, sondern beispielsweise nur mit Stellnetzen.

Angler müssen nach einem Dorsch einpacken

Für Freizeitfischer wurde vereinbart, dass jeder Angler pro Tag nur einen Dorsch und einen Lachs fangen darf. 

Das Landwirtschaftsministerium teilte mit, es stimme dem Beschluss nicht zu. Agrarministerin Julia Klöckner (CDU) hatte vergeblich gefordert, dass über den westlichen Hering im Dezember entschieden werden sollte, weil dieser Bestand wandert und im Kattgat und Skagerrak zwischen Dänemark und Schweden beziehungsweise Norwegen einstweilen unverändert gefangen wird. Dort waren die Fangquoten in den vergangenen Jahren weniger stark gesenkt worden als in der westlichen Ostsee.

Unterschiedliche Maßstäbe

Die zuständige Staatssekretärin Beate Kasch sagte dazu: „Die Überfischung des westlichen Herings muss gestoppt werden. Wir können nicht hinnehmen, dass auch in diesem Jahr unterschiedliche Maßstäbe an die Befischung des Herings der beiden Management-Gebiete westliche Ostsee und Kattegat/Skagerrak angelegt werden. Dies hat bereits zu einer dramatischen einseitigen Überfischung geführt.“

Grundsätzlich ist sie aber für massive Senkungen: „Obwohl wir wissen, was für ein harter Schlag das für unsere Ostseefischer ist, ist es doch die einzige Chance, diese Bestände wieder aufzubauen. Denn nur so können wir den Ostseefischern ihre Existenzgrundlage perspektivisch sichern. Es geht jetzt darum, der Fischerei in dieser schwierigen Situation überhaupt eine Chance zu geben."

Man wolle zu einem runden Tisch einladen, um  mit der Branche  Lösungen zu finden. Ministerin Klöckner will beispielsweise, dass auch 2022 die zeitweilige Stilllegung von Kuttern finanziell unterstützt wird.

Kleine Hoffnung: Höhere Quote für Sprotte und Scholle

Der Fischereiverband sprach von einer Katastrophe. Nicht nur die Fischer würden leiden. Verbandssprecher Claus Ubl: „Denn wenn ich keinen Fisch fange, kann ich auch Strukturen wie Kühlhäuser, Eismaschinen und anders nicht mehr halten. Wenn die einmal weg sind, sind sie weg.“ Dass die Quoten für Scholle und Sprotten teilweise deutlich angehoben wurden, würde einigen Fischern aber helfen.