Hartz-IV-Nachfolger in Seenot: Union will Bürgergeld wegen Ungerechtigkeit stoppen
CDU/CSU wollen im Bundesrat verhindern, dass Langzeitarbeitslose neben dem Bürgergeld große Summen auf der hohen Kante behalten dürfen.

Falls wie geplant am 1. Januar das sogenannte Bürgergeld Hartz IV ablöst, bleibt ein finanzielles Polster von 60.000 Euro eines Empfängers auf zwei Jahre unangetastet. Für jedes weitere Mitglied der „Bedarfsgemeinschaft“ kommen 30.000 Euro dazu. Die Union hält das für ungerecht, wenn beispielsweise eine vierköpfige Familie im Fall von Langzeitarbeitslosigkeit Bürgergeld beziehen darf, aber 150.000 Euro „Schonvermögen“ nicht für ihren Lebensunterhalt einsetzen muss. Sie droht damit, das Gesetz im Bundesrat auszubremsen. Die SPD-Vorsitzende Saskia Esken hat deshalb Gesprächsbereitschaft signalisiert.
Blockade im Bundesrat? Dann kommt das Bürgergeld nicht am 1. Januar
Denn stimmen die unionsgeführten Bundesländer dem Gesetz im Bundesrat nicht zu, wie CDU-Generalsekretär Mario Czaja angekündigt hatte, müsste der Vermittlungsausschuss aus Vertretern des Bundesrats und des Bundestags versuchen, den Streit zu schlichten. Damit wäre der Termin der Einführung nicht zu halten. Esken sagte dazu in einem Interview: „Wenn die unionsgeführten Bundesländer beim Bürgergeld Detailfragen klären wollen, sind wir dazu bereit.“
Bayerns Ministerpräsident Markus Söder (CSU) beklagte insgesamt eine „völlige Umkehr des Grundsatzes“, dass derjenige, der arbeitet, mehr haben müsse als derjenige, der nicht arbeitet. Es bestehe die Gefahr, dass Bürgergeld-Bezieher am Ende mehr Geld hätten als Erwerbstätige. Auch er kritisierte die Höhe des Schonvermögens.
Für höhere Regelsätze zum Jahreswechsel sind auch CDU und CSU angesichts der Inflation. Ihre Kritik richtet sich aber neben dem Schonvermögen für Regeln im Bürgergeld, die in der Summe ihrer Ansicht nach „falsche Anreize“ setzen. So sollen in den ersten beiden Jahren des Bürgergeld-Bezugs die tatsächlichen Kosten der Wohnung anerkannt werden, auch wenn diese größer und teurer ist und über dem als „angemessen“ eingestuften Niveau liegt. Der Druck, sich schnell eine kleinere und günstigere Wohnung zu suchen, fällt damit weg.
Möglichkeiten zur Kürzung von Leistungen sollen mit dem Gesetz in den ersten sechs Monaten eingeschränkt werden. Zum Beispiel, wenn wegen dieser sogenannten Vertrauenszeit zumutbare Arbeit nicht angenommen wird.
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SPD-Generalsekretär verteidigt das Bürgergeld-Gesetz
SPD-Generalsekretär Kevin Kühnert hat die Pläne der Ampel-Koalition verteidigt. Vermögenswerte einer Einzelperson bis zu 60.000 Euro zu schützen, sei kein Plan der Ampel, „sondern das ist die geltende Lage auch im aktuellen Hartz-IV-Bezug. Und diese Regeln sind eingeführt worden zu Zeiten der Großen Koalition (...) und zwar zu Beginn der Corona-Pandemie 2020.“ Die SPD stehe weiter zu dieser Regel. Es sei ungerecht, dass Leute, die sich etwas aufgebaut hätten, „alle Substanz aufbrauchen müssen“.
Neben der politischen Debatte gibt es eine um die schnelle Realisierbarkeit. Vertreter der deutschen Landkreise erwarten, dass die Jobcenter für die Umsetzung personell nicht gewappnet sind.