Weltkulturerbe vor dem Aus? : Hagia Sophia soll wieder Moschee werden
Oberstes Verwaltungsgericht der Türkei hob Museums-Status auf. Präsident Erdogan kündigte die Öffnung für muslimische Gebete an

Das Oberste Verwaltungsgericht in der Türkei hat einem Bericht zufolge den Weg frei gemacht, damit das berühmte Gebäude Hagia Sophia in Istanbul künftig als Moschee genutzt werden kann. Das Gericht annullierte am Freitag den seit 1935 bestehenden Status der einstigen Kirche als Museum. Stattdessen könne die Hagia Sophia, die zum Unesco-Weltkulturerbe zählt, für muslimische Gottesdienste genutzt werden, hieß es in der Gerichtsentscheidung
Nach dem Gerichtsurteil zur Umwandlung der weltberühmten Hagia Sophia soll der Kuppelbau aus dem 6. Jahrhundert nach Angaben des türkischen Präsidenten Recep Erdogan für muslimische Gebete geöffnet werden. „Wir planen, die Vorbereitungen schleunigst zu beenden und am Freitag, den 24. Juli 2020, die Hagia Sophia gemeinsam mit dem Freitagsgebet für Gebete zu eröffnen“, sagte Erdogan am Freitagabend.

Der Status des Bauwerks ist ein Politikum. Anhänger der islamisch-konservativen Regierungspartei AKP fordern seit langem, die Hagia Sophia wieder zur Moschee zu machen. Vor der Hagia Sophia in der Istanbuler Altstadt sammelte sich spontan eine Gruppe Befürworter der Entscheidung. Die Polizei sperrte den Platz vor der Hagia Sophia ab. Beamte brachten sich in Stellung, es blieb aber zunächst ruhig.
Vor allem Griechenland und Russland sind wegen der Bedeutung der Hagia Sophia für die Orthodoxie gegen eine Änderung des Status. Die Unesco hatte die Türkei vor der eigenmächtigen Umwandlung des historischen Gebäudes in eine Moschee gewarnt. Mit dem Status als Weltkulturerbe seien „eine Reihe von Zusagen und rechtlichen Verpflichtungen verbunden“, erklärte die UN-Kulturorganisation. Ein Staat dürfe „keine Veränderung an dem herausragenden universellen Wert“ eines Welterbe-Monuments vornehmen, unterstrich die Unesco. Alle beabsichtigten Veränderungen müssen vorab mit dem UN-Kommitee abgestimmt werden. Die Hagia Sophia gehört als Teil der Istanbuler Altstadt zum Welterbe.
Die Hagia Sophia (griechisch: Heilige Weisheit) wurde zunächst als Basilika errichtet, war fast ein Jahrtausend lang das größte Gotteshaus der Christenheit und Hauptkirche des Byzantinischen Reiches, in der die Kaiser gekrönt wurden. Nach der Eroberung Konstantinopels durch die Osmanen 1453 wurde die Kirche dann in eine Moschee umgewandelt. Nach der türkischen Republikgründung wurde sie 1935 zum Museum.
Erdogan hatte die Umwandlung in ein Museum zuletzt als „großen Fehler“ bezeichnet. Die säkulare türkische Opposition und die USA als wichtigster Verbündeter der Türkei sind allerdings gegen eine Nutzung als Moschee.