Grüne „Realos“ fordern radikalen Kurswechsel in der Flüchtlingspolitik
Die Grünen-Gruppe „Vert Realos“ warnt in ihrem Manifest vor den Folgen der aktuellen Migrationspolitik.

„Wir stehen für eine Flüchtlingspolitik, bei der jeder einzelne Mensch zählt“, heißt es auf der Homepage der Grünen. Wie keine andere hat sich die Partei seit Jahrzehnten für Geflüchtete und Asylbewerber stark gemacht. Doch jetzt warnen sogenannte Realpolitiker bei den Grünen vor den Folgen der aktuellen Migrationspolitik und fordern einen radikalen Kurswechsel. Es sei auch in Deutschland ein Rechtsruck zu befürchten, falls Bürgerinnen und Bürger weiter ihr Sicherheitsgefühl einbüßten, heißt es in einem Manifest der Gruppe „Vert Realos“, die sich als „die bürgerliche grüne Mitte“ bezeichnet. „Vert“ heißt im Französischen „Grün“.
Zu den mehr als 50 Unterzeichnern gehören Tübingens Oberbürgermeister Boris Palmer, der frühere Grünen-Bundestagsfraktionschef Rezzo Schlauch und die Ex-Europaparlamentarierin Rebecca Harms sowie die frühere Parlamentarische Staatssekretärin im Entwicklungshilfeministerium, Uschi Eid.
Konzept für Integration von Geflüchteten fehlt
Es gebe immer noch „kein Konzept für eine gelungene Integration oder die konsequente Rückführung von Geflüchteten in ihre Heimat, sobald sich dies verantworten lässt oder sie selbst es wollen“, heißt in dem Memorandum der Grünen-Realos. „Die Migrantinnen und Migranten wissen nicht, was von ihnen erwartet wird und machen sich mit falschen Hoffnungen auf den weiten Weg.“ Es werde kaum zwischen Kriegs-, Asyl- und Wirtschaftsmigranten unterschieden.
Straffällige Asylbewerber schnell abschieben
Asylempfänger müssten sich einordnen in die „geschichtlich gewachsene gesellschaftliche Ordnung der Bundesrepublik Deutschland“, lautete eine Forderung aus dem Manifest. Die Gewährung von Asyl setze auch voraus, dass Asylbewerber beim Aufnahmeverfahren mitwirken und nicht straffällig werden. „Ansonsten verfällt das Asylrecht und damit das Aufenthaltsrecht, was auch eine (möglichst zügige) Abschiebung nach sich ziehen muss.“
Die Forderung nach einer Neuorientierung in der Asyl- und Migrationspolitik kommt kurz nach der Wiederholungswahl in Berlin, bei der die Grünen hauchdünn hinter der SPD auf dem dritten Platz landeten – aber weit hinter dem Wahlsieger CDU. Ein großes Thema der Abstimmung war die Randale in der Silvesternacht in der Hauptstadt. Die Grünen hatten sich anschließend über Äußerungen von CDU-Politikern in der Integrationspolitik empört.
Zustimmung für das Manifest kommt von der FDP. Nach der Berlin-Wahl hatte FDP-Chef Christian Lindner Lehren für die Politik der Ampel-Koalition aus SPD, Grünen und FDP auf Bundesebene zu ziehen – ein Punkt: die Integrationspolitik. Lindner sagte, die Menschen ließen sich die „Beobachtungen von nicht gelingender Integration im Alltag“ nicht von politisch korrekten Argumenten ausreden. Es gebe eine ganz klare Erwartung, irreguläre Migration nach Deutschland zu unterbinden. Vor diesem Hintergrund kommt nun das Memorandum der Grünen-Realos – für die Parteispitze droht die Debatte, die folgen dürfte, ungemütlich zu werden.