Andere Staaten wollten nicht so viel
Große Nachbestellung: Deutschland bekommt Millionen Impfdosen mehr
Weil andere EU-Länder ihre Bestellungen nach unten geschraubt haben, hat Deutschland nun Zugriff auf mehr Impfdosen als zunächst gedacht.

In wenigen Tagen sollen die ersten Menschen in Deutschland geimpft werden – wenn die Zulassung durch die Europäische Arzneimittelbehörde am Montag erfolgt, die EU-Kommission anschließend zustimmt und das Paul-Ehrlich-Institut die Chargen nach Prüfung freigibt.
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Während Deutschland noch wartet, wird in anderen Ländern längst gehandelt. Über eine Viertelmillion Menschen sind in den USA bereits geimpft worden, auch in Großbritannien und Israel wird der in Deutschland entwickelte Impfstoff bereits verabreicht. Zuletzt erhielt Biontech/Pfizer in der Schweiz die Zulassung, die erste, die nach einem ordentlichen Verfahren erteilt wurde. Die anderen Länder hatten eine Notallzulassung erteilt.
Deutschland hat sich an einer Bestellung der EU beteiligt. Diese hat bei dem Hersteller Biontech/Pfizer 300 Millionen Impfdosen für die gesamte Europäische Union bestellt. Davon wird Deutschland 55,8 Millionen erhalten. Nach einem Verteilungsschlüssel waren ursprünglich 40 Millionen für Deutschland vorgesehen, doch laut Gesundheitsminister Jens Spahn (CDU) hätten einige Länder ihre Bestellungen heruntergeschraubt, sodass Deutschland überproportional viele Dosen erhalten werde. Außerdem hat sich Deutschland über eine Bestellung der EU 50,5 Millionen Dosen des Impfstoff-Herstellers Moderna gesichert. Moderna befindet sich in der letzten Phase der Zulassung, in den USA ist auch dieser Impfstoff bereits zugelassen.
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EU hat 200 Millionen Impfdosen abgelehnt
Doch diese Anzahl reicht bei Weitem nicht aus, um alle Impfwilligen zu impfen, erst recht nicht, um eine Herdenimmunität zu erreichen. Dafür müssten mindestens 70 Prozent der Bevölkerung geimpft werden. Wie der Spiegel berichtet, hätte die EU die Möglichkeit gehabt, mehr Impfdosen zu bestellen. Das Mainzer Unternehmen Biontech soll der EU 500 Millionen Dosen angeboten haben, bestellt wurden jedoch nur 60 Prozent davon. Auch Moderna soll der EU mehr als die von ihr bestellten 160 Millionen Dosen angeboten haben.
Der SPD-Gesundheitsexperte Karl Lauterbach forderte, Deutschland solle eigenmächtig weitere Dosen in Auftrag geben. Das hat die Regierung jetzt auch getan. Bisher betonte Spahn stets den gemeinsamen Weg der EU, sowohl bei der Bestellung als auch bei der Zulassung. Jetzt hat sich Deutschland in einem nationalen Alleingang zusätzlich 30 Millionen Dosen des Biontech-Impfstoffs geordert. Mit den Mengen aus dem EU-Schlüssel sollen demnach insgesamt 136,3 Millionen Impfdosen nach Deutschland geliefert werden. Da das Vakzin zweimal verabreicht werden muss, können somit 68,2 Millionen Menschen bundesweit geimpft werden. Bei rund 83 Millionen Einwohnern sind das 82 Prozent der deutschen Bevölkerung. Damit wäre eine Herdenimmunität erreicht – wenn sich denn so viel impfen lassen wollen. Umfragen zufolge ist die Impfbereitschaft im Verlauf der Pandemie zurückgegangen. Aktuell liegt sie bei 47 Prozent.
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Doch das Impfen wird dauern, die große Mehrheit wird sich lange gedulden müssen, ehe sie der Prioritäten-Verordnung nach dran ist. Im ersten Quartal des kommenden Jahres rechnet Spahn damit, dass elf bis 13 Millionen Impfdosen nach Deutschland geliefert werden. Damit sollen zuerst die vulnerablen Gruppen, also Menschen über 80 und Bewohner und Personal von Pflegeheimen, geimpft werden. Mecklenburg-Vorpommerns Ministerpräsidentin Manuela Schwesig bezweifelt, dass der Impfstoff für die Gruppe genügt. „Ich mache mir Sorgen, ob der Impfstoff reicht. Wir müssen es wenigstens in einer ersten Runde schaffen, alle Pflegeheime abzusichern“, sagte sie in einem ntv-Interview.
Die Berliner Gesundheitssenatorin Dilek Kalayci (SPD) sagte in einem Gespräch mit dem rbb, dass sie von 18.000 Impfdosen in einer ersten Lieferung für Berlin ausgehe. Diese Menge würde nicht ausreichen, um die Bewohner in Alten- und Pflegeheimen Berlins zu impfen.
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Für die Beschaffung ist der Bund zuständig, die Verteilung und das Terminmanagement übernehmen die Länder. Die Pharmafirmen wollen nach Angaben des Bundesgesundheitsministeriums ihre Produktionskapazitäten erhöhen. Dennoch ist es ungewiss, ob alle bestellten Impfdosen noch im Jahr 2021 ausgeliefert werden können. Allerdings erwarten auch weitere Impfstoffhersteller, deren Produkte nicht wie Biontech und Moderna auf der brandneuen nRNA-Technik basieren, eine Zulassung im kommenden Jahr.
Derweil ist in Großbritannien und Südafrika eine Mutation des Coronavirus aufgetaucht. Dieses soll bis zu 70 Prozent ansteckender sein als das bisherige. Inwiefern die Impfung davor schützt, ist bisher nicht klar.