Gemeinsamer Sport soll in Altenheimen wieder möglich werden, schlägt die Bundesregierung vor - wenn alle geimpft sind.
Gemeinsamer Sport soll in Altenheimen wieder möglich werden, schlägt die Bundesregierung vor - wenn alle geimpft sind. Foto: dpa/Fredrik von Erichsen

Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) und die Ministerpräsidenten der 16 Bundesländer hatten am Montag wieder mal eine Video-Runde. Dabei ging es von 15 Uhr an nicht vorrangig darum, was wegen Corona eingeschränkt oder verboten wird, sondern was künftig für wen erlaubt sein soll. Dem Entwurf, mit dem Merkel in die Runde ging, zufolge sollen vollständig Geimpfte, von Covid-19 Genesene und negativ Getestete ihre Grundrechte zurückbekommen. Ihre Regierung werde eine entsprechende Rechtsverordnung auf den Weg bringen, sagte die Kanzlerin.

Grundrechte sind keine Privilegien

Sind doch Freiheit der Person (Artikel 2 Grundgesetz), Religionsfreiheit (Art. 4), Versammlungsfreiheit (Art. 8), Recht auf Freizügigkeit (Art. 11) oder Berufsfreiheit (Art. 12) durch die auf dem Infektionsschutzgesetz fußenden Maßnahmen eingeschränkt. Die Bundesregierung ist der Auffassung, dass geimpfte, genesene oder negativ getestete Bürger diese Grundrechte zurückerhalten sollen – das sei weder ein Sonderrecht noch ein Privileg. Bedingung sei, dass die Wissenschaft hinlänglich belegen kann, dass die genannten Gruppen nicht oder nicht mehr ansteckend sind oder das Risiko stark gemindert ist.

Als vollständig geimpft gilt man 14 Tage nach der 2. Spritze (bei Johnson & Johnson nach der einzigen).  „Genesen“ ist man, wenn der letzte positive Test 28 Tage zurückliegt. Den Geimpften gleichgestellt wird man als Genesener, wenn man sechs Monate nach der Erkrankung eine Spritze bekommen hat. Bis zu diesem Zeitpunkt geht die Medizin davon aus, dass man immun ist.

Das soll für Geimpfte und Genesene gelten

Diese beiden Gruppen sollen die gleichen Rechte bekommen wie es unter anderem das neue, bundesweit geltende Infektionsschutzgesetz für negativ Getestete vorsieht.

Sie könnten also bei einer Sieben-Tages-Inzidenz von über 100 Ansteckungen auf 100.000 Einwohner in einer Stadt oder einem Landkreis ohne Test einkaufen, Außenanlagen von Zoos oder Botanischen Gärten besuchen, als „Anleitungspersonen“ Kindersportgruppen im Freien führen oder beispielsweise zum Friseur gehen.

Wer aus dem Ausland nach Deutschland kommt, muss nicht mehr in Quarantäne, es sei denn, man reist aus einem Land ein, in dem gefährliche Virusvarianten umgehen.

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Die von Einsamkeit gequälten Bewohner von Alten- und Pflegeheimen sollen endlich von Abstandsregeln und Besuchseinschränkungen befreit werden, wenn in der jeweiligen Einrichtung die vollständige Impfung aller Bewohner 14 Tage zurückliegt.

Detaillierte Regelungen sollen von den Ländern getroffen werden.

Trotz der Erleichterungen soll aber weiter gelten, dass man Maske trägt und anderen Menschen nicht zu nahe kommt.

Keine Aussage zur Impf-Priorisierung

Aussagen zu einer Beendigung der Impf-Priorisierung, wie sie beispielsweise der Virchow-Bund als Vertretung der niedergelassenen Ärzte gefordert hatte, enthält das Papier nicht. Es endet mit dem Hinweis, dass die Möglichkeit auf weitere Erleichterungen von mehreren Faktoren abhängig sei: Der Entwicklung der Pandemie, der Impfquote und den Erkenntnissen, ob oder in welchem Maße die jetzt eingesetzten Impfstoffe auch gegen Virus-Varianten wirken.

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Alle Schutzmaßnahmen könnten erst beim Erreichen der Herdenimmunität aufgehoben werden, die erreicht ist, wenn etwa 70 Prozent der Bevölkerung durchgeimpft sind. Das hänge wiederum davon ab, ob die Pharmafirmen die zugesagten Mengen liefern und die Menschen bereit sind, sich impfen zu lassen. Gegenwärtig haben über 23 Prozent (19,5 Millionen) mindestens eine, 7,2 Prozent (6 Millionen) zwei Spritzen bekommen. Täglich kommen im Schnitt knapp 500.000 Impfungen dazu.

Teilnehmer sprechen von „Hoffnungs-Konferenz“

Bayerns Ministerpräsident Markus Söder (CSU) sagte mit Blick auf die rasch steigenden Impfzahlen: „Das war heute eine Hoffnungs-MPK.“ Merkel stimmte dem zu: „Es war eine MPK der Hoffnung.“

Merkel verwies darauf, dass derzeit „noch ein relativ kleiner Teil“ der Bevölkerung vollständig geimpft sei. Das Tempo der Impfungen beschleunige sich aber erheblich. „Wir werden in eine Übergangsphase kommen, die auch nicht einfach ist“, sagte Merkel. Selbst wenn 50 Prozent der Bevölkerung geimpft seien, bestehe „immer noch ein erhebliches Risiko für unser Gesundheitssystem“.