Gas sparen mit Bioabfall: Entsorger fordern mehr braune Tonnen für Deutschland
Abfallverband rechnet vor, dass 1,8 Milliarden Kubikmeter Gas in Biogasanlagen erzeugt werden könnten, wenn genügend Bioabfälle gesammelt werden

Gas aus Bio-Abfall: Geht es nach Peter Kurth, Präsident des Entsorgungswirtschaftsverbandes BDE, könnte es den Mangel an dem Brennstoff zumindest lindern. Gäbe es überall die braunen Biotonnen, die in Berlin weit verbreitet sind. Dass etliche Städte und Kreise Deutschlands aber auf sie verzichten, ärgert Kurth: „Seit 2015 ist das Pflicht, aber vielerorts wird es einfach nicht gemacht.“ Dabei wäre das gerade jetzt so wichtig. Der deutsche Gasbedarf werde derzeit zu einem Prozent mit Biogas gedeckt. „Mit gut genutzten Biotonnen überall in Deutschland könnten wir auf zwei Prozent kommen.“ Das wären dann etwa 1,8 Milliarden Kubikmeter und rechnerisch die Hälfte des Berliner Jahresverbrauchs.
Lesen Sie auch: Angst vor neuer Atomkatastrophe wie in Tschernobyl >>
Mit Blick auf den Winter, wenn Gasmangel wegen der stark eingeschränkten Lieferungen aus Russland der Industrie und Arbeitsplätzen schaden könnten, erscheint Kurths Position sinnvoll. Umweltschützer hat er auf seiner Seite. „Bioabfall landet noch immer oft im Restmüll“, sagt Thomas Fischer von der Deutschen Umwelthilfe. 39 Prozent des Restmülls seien Bioabfälle. Kurth und Fischer sind dafür, dass die Länder den Kommunen Druck machen, damit mehr Biotonnen aufgestellt werden.
Die, denen da Druck gemacht werden, haben ihre eigenen Argumente. Denn um das Kreislaufwirtschaftsgesetz zu erfüllen, sind keine braunen Tonnen nötig. Es reichen auch Sammelplätze, wo die Bürger den organischen Abfall hinbringen können. Beispiele sind Trier und Regensburg, wo es Bringsysteme gibt.
Kritik an zentralen Sammelstellen statt brauner Tonnen für Bioabfall
Das sei zu aufwändig und nicht verbraucherfreundlich, findet Andreas Habel vom Abfallwirtschaftsverband bvse. Das Gros des Bioabfalls lande ohne braune Tonne im Restmüll.

Der Deutsche Landkreistag befindet, die meisten Kreise hätten die braune Tonnen. Wo dies nicht der Fall sei, liege das vor allem daran, dass die Haushalte dort ihre Bioabfälle überwiegend selbst im Garten. Die Tonnen müssten außerdem über Abfallgebühren refinanziert werden, was die Kunden auch nicht wollten und wegen relativ geringer Mengen unwirtschaftlich wäre.
Lesen Sie auch, wer Holzpelett-Verheizer für Dämlacks hält >>
Bioabfall als Braunkohleersatz – ohne braune Tonne
Der im Südbrandenburgische Abfallzweckverband lässt Küchenabfälle im Restmüll. Alles werde getrocknet, zerkleinert und sortiert. „Es entsteht ein Ersatzbrennstoff, den wir in einem Braunkohlekraftwerk zur Mitverbrennung einsetzen“, sagt Verbandsvorsteher Holger Riesner. „Das Kraftwerk braucht weniger Kohle, es entsteht weniger CO2.“ So diene das Verfahren dem Schutz der Umwelt im Sinne des Gesetzes ähnlich gut wie eine Biogasanlage zur Gasproduktion. Das Biotonnen-System habe auch den Mangel, dass der Öko-Abfall häufig in Kompostieranlagen lande, wo das Gas ungenutzt entwiche.
Der Landkreis Altötting verweist darauf hin, dass in Biomülltonnen „nachweislich viel Plastik landet, welches nach der Vergärung in Biogasanlagen in Form von Mikroplastik auf Feldern und somit in der Nahrungskette landet“. Im Restmüll befänden sich in dem Landkreis jährlich pro Person nur acht Kilo Küchenabfälle. „Das mit Biotonnen erfassen zu wollen, die durch dieselbetriebene LKW 14-tägig geleert werden müssen, macht weder ökologisch noch ökonomisch Sinn.“ Und würde die Müllgebühren verdoppeln.