Früherer Arbeitsminister Norbert Blüm gestorben
Seit 2019 war Blüm infolge einer Blutvergiftung an Armen und Beinen gelähmt und saß im Rollstuhl.

Der frühere Arbeits- und Sozialminister Norbert Blüm ist tot. Der CDU-Politiker sei im Alter von 84 Jahren gestorben, sagte sein Sohn am Freitag der Deutschen Presse-Agentur in Bonn. Weitere Angaben machte die Familie zunächst nicht. Seit 2019 war Blüm infolge einer Blutvergiftung an Armen und Beinen gelähmt und saß im Rollstuhl.
Blüm war der einzige Minister, der Bundeskanzler Helmut Kohl die ganzen 16 Jahre seiner Regierungszeit (1982-1998) im Kabinett begleitete. Er galt in der schwarz-gelben Koalition je nach politischem Standort als «soziales Gewissen» oder «soziales Feigenblatt». Seine nachhaltigste Leistung war die Einführung der Pflegeversicherung 1995.
In Erinnerung blieb jedoch vor allem eine Plakataktion aus dem Jahr 1986: Da ließ er sich im Kittel vor einer Litfaßsäule fotografieren, auf der ein Plakat mit dem Spruch prangte: «Denn eins ist sicher - die Rente». Der verkürzte Satz «Die Rente ist sicher» wurde geradezu zum Sprichwort.

Auch nach dem Ausscheiden aus der Politik sozial engagiert
Der Arbeitersohn aus Rüsselsheim (geb. 21.07.1935) war gelernter Werkzeugmacher. Er holte das Abitur am Abendgymnasium nach, studierte Philosophie, Geschichte und Theologie. Sein politischer Ziehvater, der CDU-Sozialpolitiker Hans Katzer (1919-1996), machte das engagierte IG-Metall-Mitglied 1968 zum Hauptgeschäftsführer der CDU-Sozialausschüsse. Von 1977 an stand Blüm für zehn Jahre an der Spitze der Christlich-Demokratischen Arbeitnehmerschaft (CDA).
Nach seinem Ausscheiden aus der Bundespolitik engagierte sich Blüm weiterhin sozial, schrieb Bücher, trat als Talkshowgast im Fernsehen auf und machte sogar Kabarett.

Blutvergiftung lähmte ihn
Im Februar machte er aber seinen schlimmen Gesundheitszustand öffentlich: „Ich bin an Armen und Beinen gelähmt. Basta!“ im Angesicht seiner Lähmung schien er ernst geworden zu sein: „Noch nehme ich das Urteil nicht ganz so ernst, wie ich eigentlich müsste, weil mein Lebensgefühl es nicht akzeptiert, auf Dauer gelähmt zu sein“, schrieb er in einem Beitrag für Die Zeit, den er seiner Frau diktiert hatte. Die beiden sind seit 55 Jahren verheiratet. Der Grund für seine Lähmung sei eine Blutvergiftung gewesen, in dessen Folge er ins Koma gefallen war. Nach einem monatelangen Aufenthalt im Krankenhaus habe er die Klinik gerade wieder verlassen können. „Ich fühle mich wie eine Marionette, der sie die Fäden gezogen haben, so dass ihre Teile zusammenhanglos in der Luft baumeln“, schrieb Blüm. Er habe ein intensives öffentliches Leben geführt – „zeitweise als Rummelboxer der Politik“.

Im Horizont des Rollstuhls falle der Rückblick anders aus als in der herkömmlichen Panoramasicht. „Ich beurteile manche Ereignisse meines Lebens anders als bisher, und der Rollstuhl bildet die Wasserscheide.“
Blüm lobt nach Monaten im Krankenhaus die menschliche Wärme des Pflegepersonals. Die Suche nach dem Warum für seine Lähmung führte den Katholiken Blüm auch zur biblischen Figur Hiob, die zahlreiche Schicksalsschläge hinnehmen musste.
Mit sich und seinem Leben abgeschlossen hatte Blüm, der stets – und nicht nur wegen seiner Aussage, dass die Rente sicher sei – als Optimist galt, längst nicht. Er sei mehr als sein Leib, schreibt er und blickt nach vorne, auf die neue Situation. Sein Rollstuhl, schreibt er, „ist ein strenger Lehrmeister.“
Blüm war seit 1964 mit Marita Blüm verheiratet, die er während des Studiums kennengelernt hatte. Das Paar bekam drei Kinder: zwei Töchter und Sohn Christian, der Mitglied der Kölschrock-Band Brings ist.