Das Bundesarbeitsgericht sah die Klägerin bei der Bezahlung benachteiligt.
Das Bundesarbeitsgericht sah die Klägerin bei der Bezahlung benachteiligt. Annette Riedl/dpa

Gleichstellung – gefordert wird sie seit Jahrzehnten! Doch bei der Bezahlung sieht es bis heute immer noch oft anders aus. Jetzt klagte eine Frau aus Sachsen bis zum Bundesarbeitsgericht, dass sie so viel verdient wie ihr Kollege, der genau den gleichen Job machte.

Klägerin verdiente 500 Euro weniger als ein Mann

Denn die Klägerin Susanne D. aus Dresden arbeitete von März 2017 bis Juli 2019 für das Metallunternehmen Photon Meissener Technologies GmbH und verdiente bei vergleichbarer Qualifikation und Erfahrung signifikant weniger als ein männlicher Kollege, der nahezu zeitgleich eingestellt wurde und die gleiche Arbeit ausführte.

Susanne D. wurden 3500 Euro monatlich in der Einarbeitungszeit angeboten – sie sagte Ja. Doch bald kamen ihr Zweifel und der Verdacht, dass ihr Kollege, der zwei Monate früher eingestellt wurde und den gleichen Vertriebsjob macht, deutlich mehr verdient. Und tatsächlich: Der Unterschied beim Grundgehalt in der Probezeit betrug stattliche 1000 Euro monatlich, später nach Einführung eines Tarifvertrags immer noch etwa 500 Euro – bei gleichen Verantwortlichkeiten und Befugnissen, sagt die Klägerin.

Höheres Einkommen per Verhandlungsgeschick?

Ihr Arbeitgeber begründete den großen Gehaltsunterschied damit, dass Susanne D. bei ihrer Einstellung schlechter verhandelt habe als ihr männlicher Kollege. Beiden sei zunächst das gleiche Gehaltsangebot gemacht worden. Der Arbeitgeber berief sich bei der unterschiedlichen Bezahlung auf den Grundsatz der Vertragsfreiheit – und hatte damit Erfolg beim Arbeits- und Landesarbeitsgericht in Sachsen.

Damit gab sich Susanne D. aber nicht zufrieden. Sie verlangte eine Nachzahlung von 14.500 Euro und eine angemessene Entschädigung für die erlittene Diskriminierung. Am Donnerstag entschieden nun die höchsten deutschen Arbeitsrichter in Erfurt im Fall. Und die Entscheidung kommt einem Grundsatzurteil zur Gleichbehandlung von Frauen und Männern gleich. Denn das Bundesarbeitsgericht lässt es dem Arbeitgeber nicht durchgehen, Verdienstunterschiede von Frauen und Männern mit ihrem unterschiedlichen Verhandlungsgeschick begründen zu können (8 AZR 450/21). Der 44-jährigen Klägerin sprach das Gericht Gehaltsnachzahlungen von 14.500 Euro und eine Entschädigung zu.

Ein Urteil, das Hoffnung macht. Denn noch ist die unterschiedliche Bezahlung von Frauen und Männern keine Seltenheit in Deutschland – der geschlechterspezifische Verdienstabstand lag laut Statistischem Bundesamt im vergangenen Jahr bei 18 Prozent. Frauen erhielten demnach 2022 mit durchschnittlich 20,05 Euro einen um 4,31 Euro geringeren Bruttostundenverdienst als Männer mit 24,36 Euro. Knapp zwei Drittel der Lohnlücke erklärt das Statistikamt mit höheren Teilzeitquoten und geringeren Gehältern in frauentypischen Berufen. Es bleibt eine bereinigte Lücke von rund sieben Prozent des Brutto-Stundenlohns ohne eindeutige Erklärung.