40 Prozent des Honigs in der EU ist importiert – und die Hälfte verwässert oder mit billigem Zuckersirup gestreckt.
40 Prozent des Honigs in der EU ist importiert – und die Hälfte verwässert oder mit billigem Zuckersirup gestreckt. Franziska Gabbert/dpa

Honig wird als Alternative zu Zucker immer beliebter – und er ist teuer. Das wollen sich offensichtlich auch Betrüger zunutze machen. Die EU-Kommission untersuchte jetzt Honigproben auf ihre Reinheit. Schockierendes Ergebnis: Fast die Hälfte aller untersuchten Proben auf dem EU-Markt waren verwässert oder mit Zuckersirup gestreckt. Auch in Deutschland kassieren die Trickser kräftig ab.

Honig enthält von Natur aus Zucker und muss gemäß den diesbezüglichen EU-Vorschriften rein bleiben, es dürfen also keine Zutaten hinzugefügt werden. Doch auf ganz geschickte Weise schaffen es Betrüger, den beliebten Süßmacher billig zu verdünnen. Das Labor der Gemeinsamen Forschungsstelle (GFS) hatte im Auftrag der Europäischen Kommission anhand einer moderneren Methodik in 46 Prozent von 320 Honigproben Zuckersirupe unter anderem aus Reis, Weizen oder Zuckerrüben gefunden. Das ist nach EU-Recht verboten.

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China und Türkei sind Hochburgen der Honig-Fälscher

Auch von den 32 in Deutschland entnommenen Proben importierter Honigsorten steht die Hälfte im Verdacht, gefälscht zu sein, berichtet die Verbraucherschutzorganisation Foodwatch über die erschütternden Testergebnisse. Von den 21 in Frankreich entnommenen Proben waren nur vier „echter Honig“. Meistens stammten die gestreckten Produkte aus China oder aus der Türkei. „Honig“ aus China ist in drei Vierteln der Fälle nicht das, was er vorgibt, und 14 von 15 Chargen aus der Türkei haben die EU-Tests nicht bestanden.

Und es wird immer öfter getrickst: Die Quote der Fälschungen lag mit 46 Prozent etwa dreimal so hoch wie beim letzten EU-Kontrollbericht 2017. Damals lag der Anteil der beanstandeten Proben bei lediglich 14 Prozent. Die Betrüger profitieren davon, dass die billigen Sirupe derzeit von den meisten Laboren technisch nicht entdeckt werden können. Der Preisunterschied zwischen echtem Honig und Zuckersirupen und die Schwierigkeit, den Zusatz von Honig zu Sirupen zu erkennen, mache Betrug „sehr attraktiv“, warnte die EU-Kommission.

„Verbraucher und Verbraucherinnen haben jahrelang gefälschten Honig in Supermärkten gekauft, ohne es zu wissen“, erklärte Chris Methmann, Geschäftsführer von Foodwatch Deutschland. „Die Betrüger nutzen die Lücken in der Lebensmittelüberwachung schamlos aus. Erst mit moderneren Analysemethoden können Kontrollbehörden Fälschungen erkennen und dafür sorgen, dass sie vom Markt verschwinden.“

Lukrativer Betrug: Zuckersirup ist nicht mal halb so teuer wie Honig

Da die Nachfrage nach Honig in der EU höher ist als die heimische Produktion, werden rund 40 Prozent des Honigs importiert. Und der Honig-Betrug ist extrem lukrativ: Im Durchschnitt kostet nach Europa eingeführter Honig 2,17 Euro pro Kilo, während Zuckersirupe aus Reis zwischen 0,40 und 0,60 Euro pro Kilo kosten.

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Die EU importiert jährlich 175.000 Tonnen Honig aus Drittländern. Damit ist die EU nach den Vereinigten Staaten der zweitgrößte Honigimporteur der Welt – und deckt damit 40 Prozent des Verbrauchs. Foodwatch schätzt, dass in der EU jedes Jahr 80.000 Tonnen gefälschter Import-Honig verkauft wird. Da Betrug jedoch auch innerhalb der EU stattfindet, sei die Gesamtzahl des verbotenen Honigs im europäischen Handel deutlich höher.

Zwar glauben die EU-Experten nicht, dass der gepanschte Honig eine Gefahr für die Gesundheit darstellt, aber die billigen Inhaltsstoffe benachteiligen Landwirte, die sich an die Reinheitsregeln halten.