Gewerkschaft fordert 2,50 Euro pro Stunde mehr

Es wird schlecht verdient – Streiks im Berliner Einzelhandel möglich

Linke-Abgeordneter Pascal Meiser ließ sich Zahlen liefern. Mittlerer Lohn im Einzelhandel liegt über 800 Euro unter dem der Gesamtwirtschaft.

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Beim Warnstreik der Ikea-Beschäftigten im hessischen Hofheim verbreitete dieser Demonstrant eine klare Botschaft ...
Beim Warnstreik der Ikea-Beschäftigten im hessischen Hofheim verbreitete dieser Demonstrant eine klare Botschaft ...Sebastian Christoph Gollnow/dpa

Mit dem Juni endet die  Friedenspflicht im Tarifkonflikt des Einzel- und Versandhandels auch im Nordosten Deutschlands. Dann sind auch in Berlin, Brandenburg und Mecklenburg-Vorpommern Warnstreiks möglich. Die hat es in anderen Bundesländern bereits gegeben, zum Missvergnügen der Unternehmen. Pascal Meiser, Berliner Bundestagsabgeordneter der Linken, hat sich deshalb mal die Zahlen angesehen, wie der Einzelhandel so bezahlt.

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Einzelhandel-Einkommen deutlich unter der Gesamtwirtschaft

Wer im Einzelhandel Vollzeit arbeitet, verdient im Mittel (nicht im Durchschnitt!) 2684 Euro brutto. In der Gesamtwirtschaft sind es mit 3516 Euro über 800 Euro mehr. Der sogenannte Median liegt genau in der Mitte aller Werte, die betrachtet werden.

Gleichzeitig gibt es die Tendenz der Unternehmen, sich aus der Tarifbindung zu verdrücken. Auf Anfrage Meisers teilte die Bundesregierung mit, dass 2022 nur noch 26 Prozent der Beschäftigten im Einzelhandel in tarifgebundenen Betrieben arbeiten. 2012 waren es noch 45 Prozent.

Aktuelle Zahlen des Statistischen Bundesamts, was Tarifbindung für die Mitarbeiter bedeutet, gibt es nicht. 2018 lag der Lohnunterschied im Einzelhandel bei 4,12 Euro pro Stunde, die eine Mitarbeiterin in einem tarifgebundenen Unternehmen im Median mehr bekam als die Kollegin in einem tarifflüchtigen. Von 2014 bis 2018 wuchsen die  Löhne in tarifgebundenen Firmen auch stärker (1,42 gegenüber 1,14 Prozent).

Gewerkschaft fordert 2,50 Euro pro Stunde mehr

Nicht überraschend, dass der Linke die Forderungen der Gewerkschaft ver.di nach 2,50 Euro/Stunde mehr unterstützt, was je nach Lohngruppe laut ver.di Hessen ein Plus von 8 bis 20 Prozent bedeutet. Meiser: „Immer mehr Beschäftigte im Einzelhandel, die uns mit den Gütern des täglichen Bedarfs versorgen, wissen angesichts der explodierenden Lebenshaltungskosten selbst nicht mehr, wie sie über die Runden kommen sollen. Deshalb haben die Verkäuferinnen und Verkäufer völlig Recht, wenn auch sie jetzt kräftige Lohnerhöhungen und einen echten Inflationsausgleich fordern. “

Meiser sieht die Bundesregierung in der Pflicht: „Sie darf nicht länger zusehen, wie sich immer mehr Unternehmen im Einzelhandel ihrer sozialen Verantwortung entziehen und Tarifflucht begehen.“ Nötig seien klare gesetzliche Grundlagen, damit abgeschlossene Tarifverträge künftig auch gegen die Blockadehaltung der Arbeitgeberseite für allgemeinverbindlich erklärt werden können.

Die Forderung nach Allgemeinverbindlichkeit hat in Bayern zur Androhung von Schadenersatzklagen durch den Einzelhandel geführt, weil sie dort bei Warnstreiks ins Feld geführt wurde, die auch tarifgebundene Firmen trafen.