Nach dem Beschluss der Forderungen versammelten sich die EVG-Vertreter schon mal zur Demo vor dem Bahnhof in Fulda.
Nach dem Beschluss der Forderungen versammelten sich die EVG-Vertreter schon mal zur Demo vor dem Bahnhof in Fulda. EVG

Den zweitägigen, erneuten Warnstreik der Postler haben wir gerade hinter uns, jetzt müssen wir uns allmählich auf ähnliche Arbeitskämpfe bei der Bahn einrichten, denn auch dort stehen Tarifverhandlungen an. Die Eisenbahn- und Verkehrsgewerkschaft (EVG) stellte am Dienstag ihre Forderungen vor, mit denen sie ab Ende Februar in die Verhandlung mit der Deutschen Bahn und 50 weiteren Bahnunternehmen gehen will. Sollte es in der ersten Runde kein Angebot geben, will die EVG schnell entsprechend reagieren. EVG-Chef Martin Burkert hat ein „sehr hitziges Frühjahr“ in Aussicht gestellt.

Die EVG will für die Bahn-Beschäftigten mindestens 650 Euro mehr im Monat durchsetzen. Die Tarifkommissionen der Gewerkschaft beschloss am Dienstag in Fulda den Mindestbetrag, um die unteren Gehälter überproportional anzuheben. Bei den höheren Entgelten will die Gewerkschaft eine Steigerung um 12 Prozent erreichen. Für die Nachwuchskräfte fordert die EVG 325 Euro. Die Laufzeit soll zwölf Monate betragen.

„Das sind die Forderungen, die für alle 50 Unternehmen gelten“, sagte EVG-Verhandlungsführerin Cosima Ingenschay am Dienstag. „Angesichts enorm gestiegener Energie- und Lebenshaltungskosten muss die Lohnerhöhung deutlich ausfallen. Das haben unsere Mitglieder immer wieder sehr eindrücklich erklärt.“

Kommt er, kommt er nicht? Geht es nach der Bahn-Gewerkschaft, kommt der Zug eher nicht, wenn die Bahnunternehmen die Löhne nicht deutlich anheben.
Kommt er, kommt er nicht? Geht es nach der Bahn-Gewerkschaft, kommt der Zug eher nicht, wenn die Bahnunternehmen die Löhne nicht deutlich anheben. Paul Zinken/dpa

EVG verlangt mehr als der öffentliche Dienst, aber weniger als die Postler

Mit ihren Vorstellungen liegt die EVG oberhalb der Forderung, die Verdi für den öffentlichen Dienst beim Bund und den Kommunen erhebt. Hier stehen 10,5 Prozent, mindestens aber 500 Euro auf dem Zettel. Bei der Post wird am Mittwoch über eine 15-Prozent-Forderung verhandelt.

Martin Burkert, Vorsitzender der Eisenbahn- und Verkehrsgewerkschaft (EVG).
Martin Burkert, Vorsitzender der Eisenbahn- und Verkehrsgewerkschaft (EVG). Jörg Carstensen/dpa

Die EVG machte am Dienstag deutlich, dass sie Warnstreiks früh in Betracht zieht. „Die Frage wird sich das erste Mal Ende März stellen, da sind wir mit allen Unternehmen einmal durch“, sagte ein Gewerkschaftssprecher. Verhandlungsauftakt ist am 28. Februar mit der Deutschen Bahn in Fulda. Danach soll der Reihe nach mit allen weiteren Unternehmen verhandelt werden.

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„Eine Verhandlungsrunde dauert ja relativ lange“, betonte Ingenschay. „Deshalb haben wir definitiv keine Zeit für Tariffolklore und wollen direkt zu Beginn, bei den Auftakttarifverhandlungen, ein Angebot sehen.“ Sollte dieses ausbleiben, werde es „ganz schnell gehen“, sagte EVG-Tarifvorstand Kristian Loroch mit Blick auf mögliche Warnstreik-Aktionen.

Gewerkschafter beklagen Zugausfälle durch Personal-Abgänge wegen schlechter Bezahlung

Loroch verwies auf immer neue Personallücken: „Die Fluktuation ist erschreckend, das hat auch etwas mit der Bezahlung zu tun. Wenn es nicht gelingt, schnellstmöglich eine Vielzahl an neuen Beschäftigten zu gewinnen, werden in Zukunft noch mehr Züge ausfallen. Das kann nicht im Interesse der Unternehmen sein, vor allem aber nicht im Interesse der Fahrgäste. Deshalb müssen die Löhne rauf - und zwar deutlich.“

Mit den zeitgleichen Verhandlungen mit Dutzenden Verkehrsunternehmen will die EVG eigenen Angaben zufolge vor allem für einheitliche Tarifbedingungen in der Branche sorgen. „Gerade im Schienenpersonennahverkehr haben wir die Situation, dass durch den Wettbewerb immer wieder der Versuch passiert, auf Kosten der Beschäftigten Wettbewerbsvorteile zu erlangen“, sagte Ingenschay . Das solle durch dieses Vorgehen verhindert werden.

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Deutsche Bahn hält sich mit Bewertung der Forderung zurück

Die DB kommentierte die Forderungen der EVG am Dienstag nicht direkt. Man werde sie genau prüfen und dann bewerten. Für die Bahn sei indes klar: „Wir brauchen eine vernünftige Balance.“ Es gehe um die Anerkennung der Belegschaft und gleichzeitig darum, die Zukunftsfähigkeit des Unternehmens zu sichern. Will sagen: Bitte nicht zu viel fordern.

Die Bahn will in diesem Jahr 25.000 neue Arbeitskräfte gewinnen und ihr jetzt 220.000 Köpfe umfassende Personal damit unter dem Strich um 8000 Beschäftigte aufbauen. Die EVG ist die größere Bahngewerkschaft im Unternehmen und verhandelt allein bei der Deutschen Bahn für 180.000 Mitarbeiter.

Die Gewerkschaft Deutscher Lokomotivführer (GDL) unter ihrem Chef Claus Weselsky verhandelt für ihre Leute erst im Oktober mit dem Konzern.