Energiepreise sacken ins Bodenlose: Gas unter 50 Euro, Strompreise im Sturzflug – wann kommt das endlich beim Verbraucher an?
Die ersten Versorger haben Preissenkungen angekündigt, aber warum so zaghaft?

Vor allem Geringverdiener reiben sich die Augen: War ihnen doch ein Grusel-Winter angekündigt worden mit möglichen Blackouts und drohenden Gas-Ausfällen. Mit der Begründung knapper Energie waren die Preise auf Rekordwerte geschossen. Doch seit Monaten kennen die Energiepreise an den Börsen vor allem eine Richtung: steil abwärts. Nur beim Verbraucher kommt davon bislang kaum etwas an, sie sind in teuren Tarifen gefangen. Wie lange noch?
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Heftig war im Spätsommer über die Strompreis-Börse geschimpft worden: Ein bizarrer Preisfindungs-Mechanismus trieb die Preise auf historische Höhen, obwohl vor allem Windkraft-Anlagen weiter günstigen Strom produzierten. Spätestens zum Jahreswechsel wurden die Haushalte mit saftigen Preiserhöhungen unter Druck gesetzt. Im gleichen Zeitraum verbilligten sich jedoch die Großhandelspreise für das Gas und Strom im Herbst massiv, stiegen dann zum Jahresende wieder etwas an. Doch seitdem kennen sie kein Halten mehr.
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Gas für Großkunden so billig wie seit August 2021, doch Haushalte bezahlen weiter Mondpreise
Vor allem aufgrund der milden Temperaturen sind Großhandelspreise für Gas in Europa inzwischen sogar auf den niedrigsten Stand seit Ende August 2021 gesunken. Der als Referenz geltende Terminkontrakt TTF an der Energiebörse in den Niederlanden fiel am Freitag auf unter 50 Euro pro Megawattstunde.
Der Gaspreis war ab Herbst 2021 gestiegen. Nach Beginn des russischen Angriffskriegs gegen die Ukraine am 24. Februar legte er sprungartig weiter zu. Am 7. März erreichte der TTF seinen bisherigen Höchststand von 345 Euro pro Megawattstunde. Ende August lag der Preis fast genauso hoch, bei etwas über 342 Euro.
Der Preisverfall beim Strom ist sogar noch dramatischer: Nur noch ein Zehntel des im Hochsommer verlangten Kilowatt-Preises sind inzwischen für Großkunden fällig. Experten schließen einen weiteren Preisverfall nicht aus: Der Markpreis könnte im Falle eines massiven Überangebotes vor allem durch Windkraft an stürmischen Tagen unter die Herstellungskosten sinken.
Stromversorger geben billigere Beschaffungspreise nicht weiter, sondern haben Tarife sogar noch erhöht
Doch die Versorger geben die gesunkenen Beschaffungskosten nicht oder nur schleppend an Verbraucher weiter. Im Januar hatten Stromkonzerne sogar die Preise nochmals angehoben: Laut Bundesverband der Energie- und Wasserwirtschaft (BDEW) lag der Durchschnittspreis für Haushaltskunden im vierten Quartal bei 40,07 Cent je Kilowattstunde, im Januar wurden 48,12 Cent fällig.
„Die Preisanstiege der vergangenen zwei Jahre waren bei Haushaltskundenpreisen für Strom jedoch deutlich moderater als bei Gas“, betonte der BDEW. Zum Vergleich: Laut Bundesnetzagentur zahlten Haushalte 2019 im Jahresschnitt 30,85 Cent je Kilowattstunde Strom.
Gaskunden sehen nach drastischen Preiserhöhungen den ersten Preissenkungen entgegen. Die Berliner Gasag hatte Preissenkungen um 20 Prozent angekündigt, das allerdings erst zum 1. Mai – in aller Regel ist das auch das Ende der gasintensiven Heizperiode. Auch Brandenburger Versorger wollen nachziehen: So senkt das Unternehmen EME den Arbeitspreis in der Grundversorgung um 15 Prozent, und zwar zum 1. April. Die regionale Versorger EMB und Spreegas senken den Preis auch um 20 Prozent, das allerdings auch erst zum 1. Mai.
Bis zu diesen Preissenkungen geht bei vielen Geringverdienern das Zittern weiter: weniger wegen vielerorts abgesenkter Raumtemperaturen, sondern weil Entlastungen nicht rechtzeitig umgesetzt wurden. Verbraucherschützer fordern angesichts von Verzögerungen bei der Umsetzung der Energiepreisbremsen, Mahnungen und Sperrungen vorerst auszusetzen.
Verbraucherschützer fordern Moratorium für Mahnungen und Sperrungen bei Gas und Strom
„Viele unserer Ratsuchenden warten bereits sehnsüchtig auf die Entlastung“, teilte die Verbraucherzentrale Rheinland-Pfalz am Freitag mit. Eine Verzögerung bei der Umsetzung der Strom- und Gaspreisbremse dürfe nicht dazu führen, dass „bei einkommensschwachen Haushalten Energieschulden auflaufen, die zu Mahnungen und schlimmstenfalls zu Sperrungen führen“.
Die Preisbremsen für Gas und Strom treten am 1. März in Kraft und gelten rückwirkend auch für Januar und Februar. Die Anbieter mussten ihre Kunden eigentlich bis 15. Februar über die Auswirkungen informieren. Der Branchenverband BDEW räumte bereits „Verzögerungen“ ein, betonte aber, die Entlastungen kämen bei allen an.
Die Verbraucherschützer monierten, dass bislang kein Datum genannt worden sei, an dem alle Gas- und Stromkunden die Rückzahlung der zu viel bezahlten Beträge von Januar und Februar erhalten und der Abschlag nach unten korrigiert wird. Sie forderten die Versorger daher auf, im Rahmen einer Selbstverpflichtung die Abschläge bereits jetzt zu senken und auf Mahn- und Sperrverfahren bis zum Greifen der Preisbremse zu verzichten.