Politische Einstellungen in Ostdeutschland

Ein Führer muss her, mit starker Hand – wünschen sich viele Ostdeutsche

Eine Untersuchung der Universität Leipzig zeigt weit verbreitete rechtsextreme und ausländerfeindliche Einstellungen im Osten.

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Björn Höcke, Chef der rechtsextremen AfD Thüringen, bei einer Kundgebung  in Erfurt.
Björn Höcke, Chef der rechtsextremen AfD Thüringen, bei einer Kundgebung in Erfurt.Karina Hessland/imago

Nach dem Erfolg der vom Verfassungsschutz als gesichert rechtsextrem eingestuften thüringischen AfD, deren Kandidat am vergangenen Sonntag zum Landrat im Kreis Sonneberg gewählt worden war, ist das Interesse an der politischen Haltung der Ostdeutschen erneut gestiegen. Die wurde in einer Studie untersucht, die am Mittwoch vorgestellt wurde. Ernüchternd: 14 Prozent, also jeder etwa siebente Befragte, wünscht sich einen Führer, der Deutschland mit starker Hand regiert.

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Die AfD habe bereits erfolgreich das extrem rechte Wählerpotenzial an sich gebunden und darüber hinaus ein großes Reservoir bei Nichtwählern, heißt es in der am Mittwoch veröffentlichten Untersuchung des Else-Frenkel-Brunswik-Instituts der Universität Leipzig. Sie könne weiter wachsen.

Führer, Volksgemeinschaft, starke Hand ...

26,3 Prozent der Befragten stimmen der Aussage voll zu, Deutschland brauche jetzt eine „starke Partei, die die Volksgemeinschaft insgesamt verkörpert“. 14 Prozent fanden die Aussage richtig: „Wir sollten einen Führer haben, der Deutschland zum Wohle aller mit starker Hand regiert“.

41,3 Prozent stellten sich voll und ganz hinter die Aussage: „Die Ausländer kommen nur hierher, um unseren Sozialstaat auszunutzen“ und 36,6 Prozent hinter den Satz: „Die Bundesrepublik ist durch die vielen Ausländer in einem gefährlichen Maß überfremdet.“ Hinzu kamen jeweils weitere Befragte, die diese Aussagen zum Teil unterstützten.

Ein „geschlossen rechtsextremistisches Weltbild“ sehen die Autoren nur bei 7,1 Prozent der Befragten. Der Wert liegt etwas unter vergleichbaren Studien für die Jahre 2002 bis 2010, als 8 Prozent ermittelt wurden, und die Jahre 2012 bis 2020 mit 9,7 Prozent. Dennoch sei dies „ein sehr hoher Prozentsatz, mit dem eine nicht zu unterschätzende Herausforderung für die Demokratie verbunden ist.“

Die Unterstützung für die Idee der Demokratie und die verfassungsmäßige Ordnung ist der Studie zufolge im Prinzip hoch, allerdings herrscht große Unzufriedenheit mit der Demokratie im Alltag. 77,4 Prozent der Befragten sagen: „Leute wie ich haben sowieso keinen Einfluss darauf, was die Regierung tut.“ 64,6 Prozent stimmen der Aussage zu: „Ich halte es für sinnlos, mich politisch zu engagieren.“

Große Sehnsucht nach der DDR

Die Sehnsucht nach der DDR sei ausgeprägt, zwei Drittel teilen sie, ergab die Untersuchung. Drei Viertel fühlten sich als Ostdeutsche. Viele fühlten sich aber auch als Deutsche und als Bürger der Bundesrepublik, mehrere Identitäten könnten also parallel zueinander existieren. Die Hälfte rechne sich zu den Gewinnern der deutschen Einheit, ein Drittel zu den Verlierern.

Die Parteichefs der AfD, Alice Weidel und Tino Chrupalla, haben zur Zeit gut lachen.
Die Parteichefs der AfD, Alice Weidel und Tino Chrupalla, haben zur Zeit gut lachen.Hannes P Albert/dpa

Dieser Rückblick auf die DDR hängt nicht zuletzt mit dem Wunsch nach einer Ein-Parteien-Diktatur zusammen, wie es die hohe Zustimmung zur Forderung nach „einer einzigen starken Partei, die die Volksgemeinschaft verkörpert“ verdeutlicht, schreiben die Autoren der Studie.

Die Ergebnisse zeigten, dass extrem rechte Parteien zahlreiche Anknüpfungspunkte in die Breite der Bevölkerung haben. Da sei es konsequent, dass sich unter den Anhängern der AfD auch die meisten Menschen mit rechtsextremen Einstellungen finden.