Digitale Gewalt von Männern an Frauen: Kein Schutz, kaum Hilfe
Frauenhaus-Netzwerk beklagt zunehmende Verfolgung und Quälerei durch Überwachung, sogar durch Pornografie

Mitarbeiterinnen von Frauenhäusern stellen seit Jahren fest, dass gewalttätige Männer ihre Ex-Frauen nach deren Flucht zunehmend digital überwachen, im Internet ihren Ruf zerstören oder ihnen finanziell schaden.
„Stalking über GPS-Tracker, Identitätsdiebstahl oder das Anlegen von Fake-Profilen, um Falschinformationen über eine Person zu streuen. Die Überwachung von Handy- und E-Mail-Kommunikation. Die Veröffentlichung intimer Bilder gegen den Willen der Frau. Oder Deep-Fakes, bei denen das Gesicht der Betroffenen in Pornoaufnahmen montiert wird – um nur einige Beispiele zu nennen“, erklärt Katrin Frank, Vorstandsvorsitzende des Vereins Frauenhauskoordinierung (FHK).
„Er wusste, welche Bilder ich mache, er wusste, wann ich auf die Toilette gegangen bin, wann ich rausgegangen bin, wann ich mit wem was geredet habe, und das war einfach zu viel. Man ist nicht mehr frei“, berichtete eine Frau bei einem drei Jahre andauernden FHK-Projekt. Dabei ging es um Möglichkeiten, Frauen vor digitaler Gewalt schützen zu können.
Wohnung verwanzt, Handy ausspioniert: Frau vom Ex lückenlos überwacht
Der Mann war in diesem Fall der Wohnung verwiesen worden, hatte sie aber verwanzt, Miniaturkameras installiert und eine versteckte App im Handy der Frau installiert. Die App spionierte ihre WhatsApp- und Mailbotschaften aus, berichtet FHK-Sprecherin Elisabeth Oberthür dem KURIER.
Selbst die Flucht ins Frauenhaus schützt die Frauen nicht. In einem Teddy, den das Kind einer Frau dorthin mitgenommen hatte, sei eine Miniaturkamera gefunden worden.

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Die FHK, die über 260 Frauenhäuser und 270 Beratungsstellen vernetzt. nimmt den Internationalen Tag gegen Gewalt an Frauen am Freitag zum Anlass zu einer Forderung: Auch digitale Gewaltformen in Partnerschaften müssten konsequent erfasst, in ihren Auswirkungen auf Betroffene ernst genommen und die Opfer besser geschützt werden.
Elisabeth Oberthür: „Das Internet als Tatmittel bei häuslicher Gewalt ist erst seit 2020 Teil der polizeilichen Kriminalstatistik.“ Polizei, Justiz und die Beratungsstellen selber seien noch nicht sehr weit mit der Erfassung solcher Straftaten im Zusammenhang mit häuslicher Gewalt. Die bisher vorliegenden Zahlen seien so niedrig, dass sie unplausibel sind. „Gerade bei jungen Leuten sehen wir einen starken Anstieg, wir brauchen aber Daten.“

Bloßstellung der Frau im Internet, die kaum rückgängig gemacht werden kann
Nur so könne wirksam gegengesteuert werden. Die FHK-Vorsitzende Katrin Frank über die Auswirkungen der digitalen Rachefeldzüge gewalttätiger Männer: „Für die Betroffenen ist das psychisch extrem belastend, mitunter traumatisierend. Zumal alles, was sich online abspielt, einerseits in physische Gewalt umschlagen kann und andererseits oft eine öffentliche Bloßstellung bedeutet, die sich nicht rückgängig machen lässt. Inhalte, die einmal im Netz sind, bleiben dort in der Regel.“
Ein Bericht im Auftrag des Europarat habe jüngst gezeigt, dass Polizei, Justiz und Schutzeinrichtungen in Deutschland häufig weder das Wissen noch die Mittel hätten, um auf die technischen Entwicklungen im Bereich häuslicher Gewalt reagieren können. Es sei fatal für die Sicherheit von Frauen, meint Katrin Frank, wenn Polizei oder Berater die Tragweite des Problems nicht erkennen und eine hilfesuchende Frau schlimmstenfalls wegschicken.
Die FHK appelliere daher an Bund und Länder, alle beteiligten Berufsgruppen angemessen zum Schutz vor digitaler Gewalt fortzubilden und entsprechende Mittel bereitzustellen.