60 Jahre Élysée-Vertrag nach mörderischen Kriegen

Deutsch-französische Freundschaftsfeier nach Misstönen

Bundesregierung und Bundestagsabgeordnete reisten nach Paris, um den 60. Jahrestag des deutsch-französischen Freundschaftsvertrags zu feiern und Ärger abzuräumen

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Die Umarmung des riesenhaften Präsidenten Charles de Gaulle (1,96 m) mit Kanzler Konrad Adenauer (1,86 m) geriet 1963 etwas unbeholfen. Zwischen Kanzler Olaf Scholz (1,70 m) und Präsident Emmanuel Macron (1,73 m) klappt es besser.
Die Umarmung des riesenhaften Präsidenten Charles de Gaulle (1,96 m) mit Kanzler Konrad Adenauer (1,86 m) geriet 1963 etwas unbeholfen. Zwischen Kanzler Olaf Scholz (1,70 m) und Präsident Emmanuel Macron (1,73 m) klappt es besser.Ludovic Marin/AFP, dpa/UPI

Über Jahrhunderte führten Franzosen und Deutsche Kriege mit Millionen von Toten gegeneinander, in Deutschland galt Frankreich als „Erbfeind“. Vor 60 Jahren zogen Bundeskanzler Konrad Adenauer (CDU) und Präsident Charles de Gaulle mit dem sogenannten Élysée-Vertrag einen Schlussstrich. Jetzt reiste Kanzler Olaf Scholz (SPD) mit der Bundesregierung und Bundestagsabgeordneten nach Paris, um mit Präsident Emmanuel Macron und Frankreichs Parlament das Jubiläum des deutsch-französischen Freundschaftsvertrags zu feiern.

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Nicht nur Schulterklopfen: Es knirscht zwischen Deutschland und Frankreich

Das Treffen in der Universität Sorbonne von 30 Ministern und 200 Parlamentariern beider Länder war aber nicht nur ein vom Jubiläum bestimmter Termin mit gegenseitigem Schulterklopfen. Es sollte auch helfen, Misshelligkeiten zu beseitigen: In der deutsch-französischen Partnerschaft, die als Konkurrenz zur „atlantischen“ deutsch-amerikanischen Verbindung verstanden wird, hat es in der letzten Zeit Reibereien gegeben.

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Großes deutsch-französisches Jubiläumstreffen in der Pariser Universität Sorbonne.
Großes deutsch-französisches Jubiläumstreffen in der Pariser Universität Sorbonne.dpa/Michael Kappeler

So gab es unterschiedliche Auffassungen zu einem europäischen Gaspreis-Deckel,  zu Waffenlieferungen an die Ukraine, zu einem gemeinsamen Luftabwehrsystem, zur Reaktion der EU auf US-Subventionen.

Ärger wegen Scholz' Großspurigkeit und Macrons Vorpreschen

Französische Analysten bemängeln, dass Scholz großspurig auftrete. In Deutschland wiederum war man kürzlich pikiert, als Paris mit der Mitteilung vorpreschte, leichte Panzer an die Ukraine zu liefern, und Berlin mit der Botschaft hinterher kleckern musste, Schützenpanzer zu spendieren.

Der erste Schritt zur Entspannung war beim Festakt getan, als Scholz auf die gegenseitige Freundschaft einging – auf Französisch: „Danke, Herr Präsident – danke aus ganzem Herzen.“  Auch den Franzosen dankte er in ihrer Sprache: „Danke Ihnen, unseren französischen Brüdern und Schwestern, für Ihre Freundschaft.“

Macron erwiderte: „Für einen Franzosen über Deutschland zu sprechen heißt, über einen Teil von sich selber zu sprechen. Zwei Seelen in einer Brust, das sind wir.“

Macron: Frankreich und Deutschland müssen Europa stärken

Macron wies dann in die Zukunft: „Es ist eine immense Arbeit, die noch vor uns liegt, um unser Ziel eines souveräneren, demokratischeren und solidarischeren Europas zu erreichen.“ Weil Deutschland und Frankreich den Weg zur Versöhnung geebnet hätten, müssten beide Länder nun gemeinsam Pioniere sein bei der Neugründung und Stärkung Europas.

Dabei gehe es um die künftige, umweltfreundliche Energieversorgung, Investitionen in den ökologischen Wandel, eine stärkere Unabhängigkeit bei der Rohstoffversorgung aber auch um Fragen der Verteidigung. Nötig seien eine ambitionierte europäische Industriestrategie, die die Produktion in Europa schütze, sowie eine Strategie „Made in Europe 2030“, die Europa zum Vorreiter bei Zukunftstechnologien und der künstlichen Intelligenz mache.

Erforderlich sei gemeinsame Pionierarbeit für eine EU, die in der Lage sei, sich als eigenständige geopolitische Macht zu etablieren.