Hans-Georg Maaßen im Untersuchungsausschuss
Hans-Georg Maaßen im Untersuchungsausschuss Foto: dpa/Kay Nietfeld

Nach Ansicht des früheren Verfassungsschutz-Präsidenten Hans-Georg Maaßen war der Anschlag auf dem Breitscheidplatz vermeidbar. Er „war vermeidbar, hätte nicht stattfinden müssen, und das ist für mich die besondere Tragik“, sagte Maaßen als Zeuge im Untersuchungsausschuss des Bundestages zu dem Anschlag. Versäumnisse seitens seiner früheren Behörde sah er nicht.

Maaßen sagte, ihm sei bis heute unverständlich, warum Polizei, Ausländerbehörde und Staatsanwaltschaften 2016 nicht alles getan hätten, um den mutmaßlich Verantwortlichen, Anis Amri, in seine Heimat abzuschieben. Der Tunesier war als sogenannter Gefährder eingestuft und sein Asylantrag abgelehnt worden. Er war zudem durch Sozialbetrug und Drogenhandel aufgefallen.

Maaßen hatte behauptet, Amri sei „reiner Polizeifall“ gewesen

Die Bedrohung durch islamistische Terroristen sei im Jahr 2016 so groß gewesen, dass die Sicherheitsbehörden wie der Verfassungsschutz damals nicht hätten sicherstellen können, dass es zu keinem Anschlag kommt, so Maaßen. Außerdem seien die Polizeibehörden für den Fall Anis Amri zuständig gewesen. Er habe sich die Frage gestellt, weshalb sich das Bundeskriminalamt trotz der überregionalen Aktivitäten von Amri nicht entschieden habe, „sich endlich dieses Menschen anzunehmen“.

Die Abgeordneten wollten von Maaßen wissen, ob - und wenn ja, weshalb - das Bundesamt die Gefährlichkeit von Amri damals falsch einschätzte. Außerdem wollten sie seine Darstellung hinterfragen, Amri sei ein „reiner Polizeifall“ gewesen, mit dem der Verfassungsschutz höchstens am Rande befasst gewesen war. Diese Behauptung stellte sich als als falsch heraus.

Verfassungsschutz hatte V-Person in Moschee

Maaßen hatte 2016 ein sogenanntes Behördenzeugnis unterzeichnet. Das Dokument diente dazu, die Berliner Polizei über die Gefährlichkeit von Amri, der in die Stadt umgezogen war, zu informieren - ohne Rückschlüsse auf den Informanten zuzulassen, der Hinweise auf mögliche Terrorabsichten Amris geliefert hatte. Nach diesem Papier, das der Verfassungsschutz auf Bitten des Landeskriminalamts von Nordrhein-Westfalen angefertigt habe, sei er mit Amri nicht mehr befasst gewesen, sagte Maaßen. Dessen Namen habe er erst nach dem Anschlag wieder gehört.

Das Bundesamt für Verfassungsschutz hatte eine sogenannte V-Person in der inzwischen geschlossenen Fussilet-Moschee platziert, in der sich auch radikale Salafisten getroffen hatten. Informationen zu Amri habe die Person aber nicht geliefert, so der frühere Behördenleiter.

Viele Fragen zum Anschlag sind noch immer ungeklärt

Maaßen selbst war als Verfassungsschutzpräsident vor zwei Jahren massiv in die Kritik geraten, weil er bezweifelt hatte, dass es nach der Tötung eines Deutschen in Chemnitz zu „Hetzjagden“ auf Ausländer gekommen sei. Im November 2018 versetzte ihn Bundesinnenminister Horst Seehofer (CSU) in den einstweiligen Ruhestand. Maaßen ist CDU-Mitglied und engagiert sich bei der konservativen Werteunion.

Der Untersuchungsausschuss im Bundestag hat die Aufgabe, mögliche Fehler der Behörden zu untersuchen. Es gibt verschiedene offene Fragen und unter anderem Zweifel daran, dass Amri alleine für den Anschlag verantwortlich war.