Der klare KURIER-Kommentar: Warum hamstern gerade alle Sonnenblumenöl? Und: Seid ihr eigentlich völlig bescheuert?
In den Supermärkten sind die Öl-Regale leer, denn es wird gehamstert, was das Zeug hält. Völlig gaga, findet KURIER-Autor Florian Thalmann.

Die Welt stürzt von einer Krise in die nächste – erst machte und macht uns die Corona-Pandemie zu schaffen, und nun auch noch der Krieg Putins in der Ukraine. So schwierig alles ist, haben solche schlimmen Zeiten aber auch einen Vorteil: Man lernt endlich, wie viele Menschen ticken … und wie bescheuert mancher Mitmensch ist. Aktuelles Beispiel: In den Supermärkten sind die Öl-Regale leer, denn es wird gehamstert, was das Zeug hält.
Die Leute hamstern Sonnenblumenöl – aber warum eigentlich?
Sonnenblumenöl ist, so könnte man es sagen, das neue Klopapier. Wir erinnern uns an den Beginn der Corona-Krise: Da versuchten sogar Psychologen zu erklären, warum sich die Deutschen plötzlich wie bekloppt auf die Regale mit dem weißen, weichen Gold stürzten. Über die Toilette als einziger Rückzugsort wurde gemunkelt – vierlagiges Klosettpapier spendet offenbar Sicherheit, und das nicht nur hintenrum, sondern auch obenrum.
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Ich habe es selbst erlebt: Es muss im April 2020 gewesen sein, als wir gerade im ersten Lockdown steckten. Ich war im Supermarkt, wollte einkaufen (kein Klopapier, keine Küchenrolle!). Und plötzlich kam eine Mitarbeiterin mit einem Rollwagen angefahren. Darauf eine Palette mit dem Papier, fein eingeschweißt und gestapelt. Es war – ich übertreibe nicht – so, als hätte jemand ein Steak in ein Haifischbecken geworfen. Von allen Seiten kamen sie geströmt, die Kunden, und räumten die Palette ab, rannten daraufhin mit zwei, drei, vier Packungen zur Kasse. Junge, alte, kleine, große, allesamt völlig von der Rolle.
Auch Mehl und Hefe waren damals ausverkauft, Nudeln und Reis. Und nun: Sonnenblumenöl. Aber: Warum eigentlich? Es liegt hauptsächlich an zwei Dingen. Erstens: Die Ukraine sei, sagen Experten, ein wichtiger Rohstofflieferant für das Speiseöl und für Deutschland eines der wichtigsten Importländer. „Wenn durch den Überfall auf der Ukraine ein so wichtiger Rohstofflieferant ausfällt, kann das sicher nicht lange ohne Auswirkungen auf die Märkte bleiben“, sagt Christian Böttcher vom Bundesverband des Lebensmittelhandels.
Zweitens: Es scheint bei einigen die Theorie durchgesetzt zu haben, dass man bei den hohen Spritpreisen Sonnenblumenöl statt Diesel tanken kann. Doch davor warnt der ADAC. Denn Pflanzenöl im Tank könne sich auf die Leistung des Fahrzeugs auswirken. „Im schlimmsten Fall kann es zu einer verminderten Motorleistung kommen, oder am Ende sogar zu einem Motorschaden – oder einem Schaden am Kraftstoffsystem“, sagt Andrea Luca vom ADAC Bremen.
Doch egal aus welchem Grund, ob aus Angst, nichts mehr zu bekommen, oder aus reiner Blödheit: Wer sich jetzt den Wagen voller Öl lädt, hat definitiv eine Meise. Im Netz stoße ich auf zahlreiche Öl-Berichte aus den Supermärkten, die mich absolut fassungslos machen. Eine Kassiererin schreibt auf Twitter, sie habe eine Kundin gefragt, wofür sie vier Flaschen Sonnenblumenöl brauche. „Das weiß ich noch nicht, aber jetzt kaufen ja alle welches“, sei die Antwort gewesen.
Im Netz schildern Nutzer Erlebnisse aus den Supermärkten
Eine andere Nutzerin schildert ein Erlebnis der besonderen Art. „Eben im Supermarkt. Eine Frau räumt das Regal mit dem Speiseöl leer. Bestimmt zehn Flaschen. Auf meine dringende Bitte überlässt sie mir eine Flasche. An der Kasse steht vor uns ein Mann mit ebenso vielen Speiseölflaschen im Wagen. Draußen sehen wir, dass die beiden zusammengehören.“
Was soll das denn? Seien wir ehrlich: Pflanzenöl ist nun auch kein Lebensmittel, von dem man täglich eine halbe Flasche verbraucht. Wenn ich eine Flasche Öl kaufe, reicht diese zum Kochen durchschnittlich ein viertel, oft sogar ein halbes Jahr. Wer sich also eine Kiste mit 20 Flaschen holt, hat Speiseöl für mindestens fünf, vielleicht sogar zehn Jahre. Geht’s eigentlich noch? Wenn man darüber nachdenkt, kann man ganz langsam die Hoffnung an den gesunden Menschenverstand aufgeben – zumindest bei diesen Vollidioten.
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Die Hamsterkäufe, ob beim Klopapier oder beim Salatöl, zeigen aber leider auch, wie egal vielen die Mitmenschen sind. Denn wer im Frühjahr 2020 WIRKLICH kein Klopapier mehr hatte, musste oft auf stundenlange Suche gehen – nur, weil Gabi und Heinz auf 500 Rollen saßen. Und wer nun Sonnenblumenöl hamstert, obwohl es dafür absolut keinen vernünftigen Grund gibt, der zeigt auch: Solange die eigene Versorgung passt, sind die anderen Menschen einfach vollkommen scheißegal.