Der Bürgerkrieg des Donald J. Trump
Ein Präsident schürt Chaos, um sich vor der Wahl als Retter vor diesem Chaos zu präsentieren.

Der amerikanische Bürgerkrieg tobte von 1861 bis 1865. Lange her. Doch jetzt mehren sich Stimmen, dass die USA erneut vor einem Bürgerkrieg stehen. Angefacht von Donald Trump, der im November als Präsident wiedergewählt werden will, in Umfragen weit hinter dem Demokraten Joe Biden zurückliegt und Chaos sät, um sich als starker Führer präsentieren zu können. Trump, so die Befürchtung, der von Kriegen außerhalb der USA immer zurückschreckte, zettele einen Krieg im Inneren an, um die Wahl doch noch zu gewinnen. Trotz der nunmehr 150.000 Corona-Toten und 4,3 Millionen -Infizierten in seinem Land.
Was sich in Portland und anderen Städten abspielt, erinnert an die Krim 2014. Dort kamen grüne Männchen – russische Soldaten ohne Nationalitätsabzeichen – und okkupierten die ukrainische Halbinsel. Jetzt erscheinen Männer in Tarnanzügen in US-Städten, schwer bewaffnet, die wie Soldaten aussehen und sich auch so benehmen. Sie sollen angeblich Verbrecher, Terroristen und Linksradikale bekämpfen – in der Regel gehen sie aber gegen Menschen vor, die nach dem Tod George Floyds gegen den Rassismus in den USA auftreten.

Die Tarnmännchen gehören zum US-Grenzschutz, zur Bundespolizei, zur Justizbehörde der US-Marshalls oder zur Küstenwache und sollen im Auftrag Trumps für „Ordnung“ sorgen – gegen den Willen der Stadtregierungen. Demonstranten wurden in nicht gekennzeichneten Fahrzeugen verschleppt, und ganz offenbar nicht nur Randalierer und Plünderer, die es ohne Zweifel gibt. Das befeuerte den Protest erst recht, Frauen traten in Portland auf, um sich den Truppen als „Wall of Mums“ („Mauer der Mütter“) entgegenzustellen. Es wird chaotisch, und genau das wollen die Trump-Strategen.
Der konservative Autor Peter Wehner, der drei republikanischen Präsidenten gedient hatte, wirft dem Präsidenten in der Zeitschrift „The Atlantic“ vor, die Nation zu zerschmettern. Trump sei rachsüchtig, durchweg negativ eingestellt. In einem Interview für seinen Leib- und Magensender Fox News war er nicht in der Lage, etwas Positives über seine Präsidentschaft zu sagen, lamentierte über schlechte Behandlung und wünschte missliebigen Leuten das Gefängnis.

Foto: imago images/UPI Photo
Wehner setzt dem „gebrochenen Mann“ Trump den Präsidenten Ronald Reagan gegenüber. Der habe bei seiner Abschiedsrede 1989 ein Bild der USA als Stadt gezeichnet, in der „Menschen aller Art“ in Harmonie und Frieden leben, mit offenen Toren, voller Kreativität und mit Freihandel. Ob Reagan immer danach gehandelt hat, stehe auf einem anderen Blatt, aber sein Ton sei von Optimismus, Höflichkeit, Eleganz und Lebensfreude geprägt gewesen.
Und Trumps Ton? Der Präsident droht den Menschen in seinen Städten mit Gefängnis. Er will noch nicht einmal mit „ja“ auf die Frage antworten, ob er zurücktreten werde, wenn er die Wahl verliert. Er lügt am laufenden Band und weiß alles alles besser. Sein Eigenlob, befeuert von Speichelleckern, sprengt jede Vorstellungskraft. Er ist nicht konservativ, so lautet der Vorwuf, sondern autoritär.
Bei Fox News hat Trump Flügelmänner, die ihn beim seinen autokratischen Bemühungen unterstützen – der Moderator Sean Hannity nannte Portland ein Kriegsgebiet, sein Kollege Tucker Carlson bezeichnete die Demonstranten im Land als „Mob“. Trump & Co., so sehen es Beobachter, haben bei ihrer Propanda vom russischen Präsidenten Wladimir Putin gelernt, der die ukrainische Opposition 2014 durchweg als „Faschisten“ bezeichnet hatte, bevor er auf der Krim einmarschierte.
Aus republikanischen Reihen haben sich deshalb Konservative gefunden, die Trump aus dem Weißen Haus jagen wollen – nach der Devise, dass auf einen groben Klotz ein grober Keil gehört.
Wer sich ansehen will, wie das geht, sollte bei The Lincoln Project vorbeischauen. Dort wird gefragt, warum der Frauenfeind Trump der mutmaßlichen Sex-Verbrecherin Ghislaine Maxwell aus dem Epstein-Zirkel „Alles Gute“ wünscht. Sie erklären, das Corona-Virus sei Trumps Virus. Sie verhöhnen ihn, indem sie ihn zitieren („Niemand baut so gut Mauern wie ich“), und zeigen statt einer Mauer gegen Flüchtlinge an der Grenze zu Mexiko eine Mauer aus Särgen für Corona-Tote.
Man darf gespannt sein, ob das hilft.