Ex-KGB Agent in Frankreich
„Der Angriffskrieg ist eine Kamikazeaktion“: Vom russischen Spion zum Putin-Gegner
Sergej Jirnov hat es als KGB-Agent auf die französische Eliteschule ENA geschafft. Im Juni erschien sein Buch in Frankreich. Über Putin sagt er: „Er ist Russe wie ich, aber er verkörpert alles, was ich nicht mag: Zynismus, Verlogenheit, fehlendes Mitgefühl, Brutalität.“

Einst waren sie Kollegen im russischen Geheimdienst KGB, jetzt zählt Sergej Jirnov zu den schärfsten Kritikern des russischen Präsidenten Wladimir Putin. „Er ist Russe wie ich, aber er verkörpert alles, was ich nicht mag: Zynismus, Verlogenheit, fehlendes Mitgefühl, Brutalität“, schreibt Jirnov in seinem Buch „L'engrenage“ (Verstrickung), das in Frankreich im Juni erschienen ist. Putins Angriffskrieg gegen die Ukraine sei eine „Kamikaze-Aktion“, meint Jirnov. Sein Buch hält sich in den französischen Bestsellerlisten.

Der 61-jährige Ex-Spion traf Putin das erste Mal, als er selbst noch Student und Putin bereits KGB-Agent war. Putin habe ihn „psychologisch gefoltert“, weil er am Rande der Olympischen Spiele in Moskau 1980 zu lange mit einem Ausländer Französisch gesprochen habe, erinnert er sich. „Er war ein kleiner Mann, der mich als Spion Frankreichs oder als Dissident darstellen wollte, weil es seiner eigenen Karriere nützlich sein würde“, sagt er im Gespräch mit der Nachrichtenagentur AFP.
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Im Klappentext seines Buch „L’engrenage“ heißt es: „Ich bin Wladimir Putin in meinem Leben mehrmals über den Weg gelaufen. Ich hatte keine Ahnung, dass dieser unscheinbare Mann eines Tages die höchste Macht erlangen würde.“

Putin: übertrieben ehrgeizig und verblendet
Wenige Jahre später trafen sich Jirnov und Putin beide auf einer Eliteschule des KGB wieder. Jirnov, der aus einer Familie von Wissenschaftlern stammt, war ein brillanter Schüler. Putin wurde in die DDR geschickt, 1990 aber in die Sowjetunion zurückbeordert. Jirnov traf ihn zu dieser Zeit ein letztes Mal. „Ich hatte einen Mann vor mir, der in seiner Karriere als Geheimagent gescheitert war, weil er nicht intelligent genug war, zudem übertrieben ehrgeizig und verblendet“, schreibt Jirnov in seinem Buch.
Jirnov hingegen ging nach Frankreich und schaffte es 1991 als erster Sowjetbürger, an der Eliteschule ENA angenommen zu werden. Dem französischen Geheimdienst war offenbar entgangen, welchen Hintergrund der junge Mann hatte. Es war die Wendezeit, und kurze Zeit später zerfielen der KGB, die kommunistische Partei und schließlich die ganze Sowjetunion. „Es war das Glück meines Lebens“, sagt Jirnov heute.
Nach einem Jahr beim neuen russischen Geheimdienst kündigte er und arbeitete fortan als Berater, Dozent und Journalist. „Meinen Eid habe ich in einer Organisation geleistet, die nicht mehr existiert“, sagt er.
Vergiftungsversuch an Sergej Jirnov
In Russland fühlte er sich jedoch seines Lebens nicht mehr sicher. Er sieht sich als Opfer eines Vergiftungsversuchs und ging 2002 nach Frankreich ins Exil. Auch dort habe es Versuche gegeben, ihn einzuschüchtern und zu entführen. Auf Facebook veröffentlichte er deswegen eine ungewöhnliche Warnung: „Falls meine Leiche mit Hinweisen auf Selbstmord entdeckt werden sollte, dann bitte ich die Behörden, davon auszugehen, dass es sich um vorsätzlichen Mord handelt.“
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Seit Russland seinen Krieg gegen die Ukraine führt, wird Jirnov regelmäßig von französischen Medien eingeladen. Der ehemalige Schattenmann fühlt sich wohl im Scheinwerferlicht. Das Licht der Öffentlichkeit sei für ihn der beste Schutz, meint er.
Aus seiner ablehnenden Haltung gegenüber Putin macht er keinen Hehl. Putin sei zwar ein „Opi“, aber trotz der Gerüchte über seinen schlechten Gesundheitszustand noch längst nicht abzuschreiben, meint Jirnov. „Ich denke, dass er in die Geschichte eingehen will, (...) und sei es als größter Mistkerl und schlimmster Diktator“, fügt er hinzu.