EU-Finanzen : Der Absahner von Wien
Kanzler Sebastian Kurz handelte für Österreich einen hohen Rabatt bei seinen Zahlungen an die EU aus.

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Der junge Mann mit der unverwüstlichen Frisur gibt den Helden: Sebastian Kurz (33), Bundeskanzler Österreichs, sieht sich als Gewinner des 4-Tage-Gipfels der EU-Staats- und Regierungschefs. Holte er doch für sein Land Rabatte bei den EU-Beitragszahlungen heraus - statt eines Nachlasses von jährlich 137 Millionen sollen es 2021 bis 2027 rund 565 Millionen Euro / Jahr sein. Ähnliche Rabatte erzielten die anderen Staaten der „sparsamen Vier“, Dänemark, Schweden und die Niederlande.
Von 500 Milliarden Euro, die den besonders schwer von Corona getroffenen und sehr verschuldeten Ländern Italien, Spanien und Frankreich als nicht zurück zu zahlender Zuschuss gewährt werden sollten, blieben nur 390 Milliarden Euro. Kredite sollen jetzt über 360 statt 250 Milliarden ausgereicht werden. Insgesamt umfasst das Corona-Hilfspaket 750 Milliarden.
Kurz preist sich, weil er auch Deutschlands Steuerzahlern Erleichterung verschafft und mit den „sparsamen Vier“ ein Gegengewicht zu Deutschland und Frankreich etabliert habe. Doch ursprünglich hatten Kurz & Co verlangt, dass es gar keine Zuschüsse geben soll. Gleichzeitig muss sich Kurz anhören, dass sein Spardruck im geplanten EU-Haushalt (153 Milliarden / Jahr 2021 bis 2027) bei Forschung, Gesundheit und Umweltschutz geführt hat, die auch Österreich treffen. Speziell Umweltschutz-Kürzungen ärgerten auch Kurz' Vizekanzler Werner Kogler (Grüne).

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Deutschland wird in der Tat mehr an die EU zahlen - 40 statt 30 Milliarden pro Jahr. Allerdings fließt viel zurück - 2018 waren es rund 17 Milliarden Euro. Und auch Deutschland soll in den nächsten Jahren einen Rabatt erhalten - 3,67 Milliarden Euro pro Jahr.
Kurz spielt ein altes Spiel. In der Alpenrepublik wird gern auf die EU geschimpft, weil das innenpolitisch Punkte bringt. Gerade Italien, das wie Österreich und Deutschland mehr in die EU-Kasse einzahlt als es herausbekommt, ist immer wieder Angriffen von Kurz ausgesetzt. Zum Beispiel, wenn er von „kaputten Systemen“ sprach.
Im Übrigen ist zu erwarten, dass das EU-Parlament die Gipfel-Einigung kippt. Am Donnerstag tritt es zusammen, um eine Resolution aller großen Fraktionen beschließen: Beteiligung des Parlaments bei der Kontrolle der Mittelvergabe, Rücknahme von Kürzungen gegenüber dem ursprünglichen Finanzplan unter anderem bei Gesundheit und Umweltschutz, neue EU-Steuern zum Beispiel bei Finanztransaktionen.