Das Corona-Bollwerk wankt: Wie Omikron sich in die Kliniken einschleicht
Krankenhäuser berichten von Belastung, aber nicht von Überlastung. Das wird sich aber ändern, wie in den USA, sagt ein Virologe.

Die Krankenhäuser versuchen alles, jenseits ihrer Covid-19-Stationen Corona vor ihren Türen zu halten. Doch die Verteidigung bröckelt: Immer häufiger werden Menschen nach Unfällen, Infarkten oder aus anderen Gründen eingeliefert, die mit Omikron infiziert sind. In den früh von der Variante getroffenen Städten Bremen und Hamburg machte sich das Phänomen zuerst bemerkbar. Das macht die Behandlung auf den Normalstationen aufwendiger. Auch der Ausfall von Krankenhauspersonal durch Krankheit oder Quarantäne bereitet Probleme.
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In Bremen und Hamburg wurden die Kliniken bereits voller
Bremen und Hamburg mit ihrer hohen Impfquote gehörten zu den ersten Großstädten, in denen die Fallzahlen explodierten. Was die Infektionsrate angeht, sind sie anderen deutschen Regionen etwas voraus. Bundesweit sei die Belegung der Normalstationen vergangene Woche um 3,5 Prozent gestiegen, teilte die Deutsche Krankenhausgesellschaft (DKD) mit. In den Stadtstaaten Hamburg, Bremen und Berlin aber zwischen 10 und 15 Prozent.
„Belastung ja, Überlastung nein“, sagte ein Sprecher der Bremer Gesundheitsverwaltung zur Lage der Kliniken. Aber: Von allen Infizierten, die eingeliefert werden, ist nur ein Drittel tatsächlich an Covid-19 erkrankt. Zwei Drittel der infizierten Patienten kämen wegen anderer Diagnosen.
Bremen weist seit Wochen die höchste Infektionsrate auf. Auch Hamburg überschritt zuletzt eine 7-Tage-Inzidenz von 1300. Trotzdem sagt Prof. Stefan Kluge, Chef der Intensivmedizin am Uni-Klinikum Hamburg-Eppendorf: „Die Lage ist handhabbar.“ Nur stellten „isolationsbedingte Ausfälle“ von Personal die Kollegen vor Herausforderungen. „Die gute Nachricht ist, dass aktuelle Daten aus unterschiedlichen Ländern zeigen, dass das Risiko, mit einer Omikron-Infektion ins Krankenhaus zu müssen, im Vergleich zur Delta-Variante um mehr als die Hälfte reduziert wird.“

„Wir sehen etwa seit Anfang des Jahres eine deutliche Zunahme an stationär behandlungsbedürftigen Patienten“, berichtet Florian Friedel vom Klinikum in Delmenhorst bei Bremen. „Wir beobachten, dass sie weniger schwer erkrankt sind.“ Neun von zehn Covid-Patienten seien ungeimpft. An seiner Klinik seien derzeit 20 Mitarbeiter in Quarantäne oder häuslicher Isolation.
„Mit Corona infizierte Patienten können einen ähnlichen hohen Aufwand verursachen wie tatsächlich an Covid-19 Erkrankte“, sagt der DKD-Vorstandsvorsitzende Gerald Gaß. Sie müssten isoliert untergebracht werden. Das Personal, das sie betreue, könne nicht für Nicht-Infizierte eingesetzt werden. Unsicher ist, was passiert, wenn Omikron im Süden und Osten, wo weniger Menschen geimpft sind als im Norden, ähnlich hohe Inzidenzen erreicht. „Es ist zu befürchten, dass Omikron aufgrund höherer Infektiosität in Gebieten mit niedrigeren Impfquoten wieder zu deutlich höheren Hospitalisierungsraten führt.“
Virologe warnt: Omikron nicht verharmlosen
Bisher schlagen sich die steigenden Infektionszahlen der Omikron-Welle bundesweit gesehen nicht auf die Zahl der Covid-19-Patienten auf Intensivstationen nieder. Sie ist seit Anfang Dezember von rund 5000 auf zuletzt unter 2400 gesunken. Oliver Keppler, Chef-Virologe der Ludwig-Maximilians-Uni München, warnt aber davor, Omikron zu verharmlosen.
Die Wucht der Infektionswelle werde sich noch in den Kliniken niederschlagen. „Die häufig zu lesende Einordnung als ‚mild‘ halte ich für brandgefährlich. In den USA sehen wir ein monströses Infektionsgeschehen mit bis zu einer Million neuer Fälle am Tag. Dort sind mehr Covid-19-Patienten in den Krankenhäusern als je zuvor, auch die Todesfallzahlen nehmen wieder deutlich zu.“ Darüber hinaus seien Long-Covid-Folgen von Omikron-Infektionen noch nicht untersucht.