Impfpflicht durch die Hintertür
Corona: Reisen und Shopping nur für Geimpfte?
Die Bundesregierung betont, dass es keine Zwangsimpfungen geben wird. Doch dürfen Arbeitgeber, Geschäfte oder Reiseanbieter auf einen Nachweis bestehen?

Gesundheitsminister Jens Spahn (CDU) rechnet schon für Mitte Dezember mit der Zulassung eines Corona-Impfstoffs. Nach einer Umfrage der Barmer Krankenkasse ist derzeit aber nur die Hälfte der Deutschen über 16 Jahre bereit, sich gegen das Virus impfen zu lassen. Für eine Herdenimmunität viel zu wenig, dafür müssten sich zwei Drittel der Bevölkerung die Vakzine spritzen lassen. Regierung wie auch die Ständige Impfkommission versichern aber trotzdem, dass es keine allgemeine Impfpflicht geben wird.
SPD-Bundesjustizministerin Christine Lambrecht warnt jedoch vor einer Art Impfpflicht durch die Hintertür - wenn etwa Menschen ohne Impfschutz gesellschaftliche Nachteile drohten. „Ich halte eine breite öffentliche Diskussion darüber für sehr wichtig“, sagte sie der Augsburger Allgemeinen. Dies sei „am Ende nicht nur eine rechtliche, sondern vor allem auch eine ethische Frage, die wir sehr gründlich abwägen müssen“.
Die Bundesregierung lehne eine Impfpflicht nach wie vor ab und setze auf Freiwilligkeit, betonte Lambrecht. „Natürlich ist damit die Hoffnung verbunden, dass sich viele Menschen für eine Impfung entscheiden, um sich selbst und auch andere dadurch zu schützen.“
Doch kommt es zu einem Impfzwang durch die Hintertür, weil Arbeitgeber, Geschäfte oder Reiseanbieter auf einen Nachweis bestehen? Antworten auf die wichtigsten Fragen:
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Steht eine Impfpflicht im Gesetz?
Tatsächlich könnte laut dem jüngst beschlossenen Infektionsschutzgesetz das Gesundheitsministerium eine Impfpflicht für „bedrohte Teile der Bevölkerung“ erlassen.
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In Paragraph 20 heißt es sinngemäß, das Ministerium könne eine solche Impfung anordnen, wenn eine übertragbare Krankheit mit klinisch schwerem Verlauf auftritt und dann mit einer epidemischen Verbreitung zu rechnen ist.
Dem müsste der Bundesrat aber zustimmen. Und für den Kampf gegen das Coronavirus hat die Bundesregierung Zwangsimpfungen ausgeschlossen.

Kommt die Impfpflicht bei Urlaubsreisen?
Als erste Fluglinie will die australische Qantas einen Impfnachweis vorschreiben. Ob dies auch andere Airlines fordern werden, ist ungewiss. Ebenso, ob dies überhaupt rechtlich durchzusetzen wäre. Die Lufthansa will auf Impfnachweise verzichten. Aber es könnte sein, dass Staaten nur geimpfte Touristen einreisen lassen. Dagegen wird man sich rechtlich kaum wehren können.
Kann mein Arbeitgeber mich zur Corona-Impfung zwingen?
„Allenfalls für eine präzise definierte Personengruppe“ sei eine Impfpflicht zu rechtfertigen, erklärt Steffen Augsberg, Jura-Professor und Mitglied des Deutschen Ethikrats, gegenüber WDR5. „Zum Beispiel für Personal auf Intensivstationen oder in Pflegeheimen.“ Bei anderen Berufsgruppen müsse dies freiwillig geschehen. Für Masern gibt es eine solche Impfpflicht für gewisse Berufsgruppen bereits. Dies ist geregelt im Masernschutzgesetz.
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Dürfen Geschäfte einen Impfnachweis verlangen?
Jede Firma habe „das Recht, sich auszusuchen, mit wem sie Verträge schließt“, sagt Augsberg. Zulässig seien Beschränkungen, „solange sie nicht flächendeckend“ seien und nicht die Gefahr bestehe, dass die Menschen die lebensnotwendigen Dinge des täglichen Bedarfs nicht mehr bekommen würden.
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Ist die Corona-Impfung bald auch ein Muss für den Eintritt in Fitnessklubs, Restaurants, Bars, Theater oder Sportstadien? Einen ersten Vorstoß in Richtung flächendeckende Einführung des Nachweises wagte bereits der CDU-Gesundheitspolitiker und Europa-Abgeordnete Peter Liese aus NRW.
Er forderte, eine Corona-Schutzimpfung zur Voraussetzung für Besuche von Konzerten und anderen Großveranstaltungen zu machen. „Veranstalter von Konzerten und allen anderen großen Events müssen die Möglichkeit haben, sich entsprechend zu schützen“, schreibt er auf seiner Homepage.
Welche Impfstoff-Kandidaten gibt es?
Bei den beiden Impfstoff-Kandidaten - einer von der US-Firma Moderna und einer von dem Mainzer Unternehmen Biontech in Zusammenarbeit mit dem US-Pharmariesen Pfizer - handelt es sich um sogenannte mRNA-Impfstoffe, die auf einer noch neuen Impfstoff-Technologie beruhen.
Der grundlegende Unterschied dieser neuartigen Impfstoffe zu etablierten Vakzinen: Sie enthalten keine abgeschwächten oder abgetöteten Viren, sondern lediglich eine Bauanleitung für einen Bestandteil des Covid-19-Erregers.
Die Anleitung wird in Form eines sogenannten mRNA-Moleküls in den Körper geimpft, wo dann die menschlichen Zellen selbst ein Eiweiß des Virus herstellen. Im Falle von Sars-CoV-2 ist es das sogenannte Spike-Protein auf der Oberfläche des Virus. Es regt das menschliche Immunsystem zur Bildung von Abwehrstoffen an.
Sind die Impfstoffe wirklich sicher?
Erste Daten der fortgeschrittenen klinischen Prüfung legen nahe, dass die Impfstoffe eine hohe Wirksamkeit von bis zu 95 Prozent haben und im Allgemeinen gut vertragen werden. Als Nebenwirkungen traten bei einem Teil der geimpften Probanden nach Angaben der Unternehmen Müdigkeit, Kopf- und Gelenkschmerzen sowie Rötungen an der Einstichstelle auf.
Vergleichbare Reaktionen sind von anderen Impfstoffen bekannt und auch ein Zeichen dafür, dass der Impfstoff macht, was er soll: Das Immunsystem auf Trab bringen.
Was bisher fehlt sind Informationen über seltene, möglicherweise auch schwere Nebenwirkungen, da diese erst nach Impfung vieler Menschen und längerer Beobachtungszeit offensichtlich werden.
Wer haftet für Schäden durch Nebenwirkungen?
Die Kosten müssen nicht die Hersteller tragen, sondern die Steuerzahler. Denn die EU entschädigt Hersteller von Covid-19-Impfstoffen im Wesentlichen, sollten diese für unvorhergesehene Nebenwirkungen ihrer Vakzine haftbar gemacht werden.
Wer bezahlt die Impfung?
Die Impfung soll voraussichtlich für alle gesetzlich Versicherten kostenfrei angeboten werden.
Wie soll die Corona-Impfung in Deutschland ablaufen?
Deutschland setzt auf die Einrichtung von Impfzentren, in Berlin sind sechs im Aufbau. Für Alten- und Pflegeheime sind hingegen mobile Teams vorgesehen.
Wer soll den Impfstoff zuerst erhalten?
In der Reihenfolge an erster Stelle standen bisher Risikopatienten mit Vorerkrankungen und Ältere. Zu einer zweiten bevorzugten Gruppe sollen Gesundheits- und Pflegebeschäftigte gehören, außerdem sollen Lehrkräfte und Beschäftigte bei Polizei und Feuerwehr bevorzugt werden.
Nach dem Bund-Länder-Treffen am Mittwoch verkündete Kanzlerin Angela Merkel jedoch, als Erste sollten nicht Risikopatienten, sondern Beschäftigte in Medizin und Pflege Zugriff haben, was Patientenschützer nicht akzeptieren wollen.