Corona-Impfung deutlich weniger wirksam als angenommen: Hat das RKI getrickst?
Das ist Wasser auf den Mühlen von Impfskeptikern – was ist dran an den Vorwürfen?

Es ist wie Wasser auf den Mühlen von Impfskeptikern: Das Robert-Koch-Institut (RKI) hat in ihrem jüngsten Wochenbericht die Wirksamkeit der Impfungen gegen das Coronavirus deutlich nach unten korrigiert. Um bis zu sechs Prozent ist demnach der Wert gesunken. Allerdings liegt die Schutzwirkung vor allem gegen schwerste oder gar tödliche Verläufe sehr hoch. Bei über 60-Jährigen betrage die Wirksamkeit gegen den Corona-Tod bei 88 statt vorher angegeben bei 93 Prozent. Bei den schweren Verläufen korrigierte das RKI die Zahl von 95 auf 89 Prozent.
Corona-Impfstatus nicht bekannt: RKI setzte Rechentrick ein
Aber wie ist die Korrektur zustande gekommen? Offenbar gab es eine Datenlücke bei der Erfassung des Impfstatus von Patienten, die an Corona erkrankt waren. Im Laufe der Monate wurden die Daten präziser gemeldet, sodass das RKI die Wirksamkeit nunmehr wirklichkeitsnäher erfasst. Allerdings hatte sich das RKI zuvor für einen Trick entschieden, der die Zahlen verfälscht hatte: War der Impfstatus nicht bekannt, tat man so, als wären die Leute ungeimpft. Dadurch schien es, dass deutlich mehr Fälle bei Ungeimpften auftraten, und Fälle von Impfdurchbrüchen wurden künstlich heruntergerechnet. Sauber ist das nicht, und die Korrektur war überfällig.
Gesundheitspolitiker Karl Lauterbach, der als möglicher künftiger SPD-Bundesgesundheitsminister im Gespräch ist, ordnet die Nachricht auf Twitter ein und kritisiert „Rechenfehler mit Übertreibung der Wirkung“, die er als „unangenehm unnötig“ empfinde. Trotzdem sei die Impfwirkung „hoch genug, um jedem die Impfung uneingeschränkt empfehlen zu können. Insbesondere vor schwerer Krankheit und Tod ist der Schutz fantastisch hoch“.
RKI warnt vor Doppelbelastung durch Grippe und Covid im Herbst und Winter
Angesicht der weiterhin unzureichenden Impfquote in Deutschland von gerade einmal 65 Prozent droht im Herbst und Winter eine Doppelbelastung des Gesundheitssystems durch Grippe und Covid-19. Davor warnt der RKI-Präsident Lothar Wieler. Es gelte zu verhindern, dass zu viele Fälle der beiden Erkrankungen parallel versorgt werden müssen, sagte Wieler am Mittwoch in Berlin. „Wenn viele Covid-19- und viele Grippe-Erkrankte gleichzeitig auftreten, dann werden die Krankenhäuser massiv belastet.“ Dies wäre auch gefährlich für andere Patienten, die die Krankenhausbetten benötigten. Ein solches Szenario lasse sich am besten mit Impfungen und dem Tragen von Masken, Abstand halten, Hygiene, Lüften und Nutzen der Corona-Warn-App vermeiden, betonte Wieler.
Es sei zwar grundsätzlich nicht vorhersehbar, wie schwer eine Grippewelle verlaufen werde, erklärte der RKI-Chef. Mit einer Zunahme der Covid-19-Fallzahlen sei allerdings zu rechnen. Beide Krankheiten seien insbesondere für ältere und chronisch Kranke ein Risiko. Die Grippe-Impfung wird in Deutschland bestimmten Gruppen wie über 60-Jährigen empfohlen – und Menschen, die etwa beruflich mit diesen Gruppen zu tun haben. Aber auch alle anderen könnten sich nach Rücksprache mit Ärzten impfen lassen, sagte Wieler. Die Corona-Impfung wird allen ab zwölf Jahren empfohlen – der Chef der Gesundheitsbehörde rief erneut dazu auf, dieses Angebot wahrzunehmen.