Bundeskabinett verabschiedet Pläne fürs Bürgergeld – mit höheren Leistungen als bei Hartz IV
Das bisherige Arbeitslosengeld II, auch als Hartz-IV bekannt, wird abgelöst. Miete wird länger voll bezahlt, Vermögen zunächst behalten werden

Das Bundeskabinett hat grünes Licht für die Einführung des Bürgergelds in Deutschland gegeben. Jetzt geht der Vorgang in den Bundestag, damit das Bürgergeld für es zum 1. Januar das Hartz-IV-System ablösen kann. Das bedeutet mehr Geld für die 5,343 Millionen Menschen, die in 2,843 Millionen Bedarfsgemeinschaften leben und Hartz-IV-Leistungen (Arbeitslosengeld II) beziehen.
Die Regelsätze der Grundsicherung sollen dabei deutlich steigen. So sollen Alleinstehende 502 statt 449 Euro im Monat erhalten, volljährige Lebenspartner jeweils 451 statt 404 Euro. Details zeigt die Grafik.

Abgeschafft werden soll das Prinzip, nach dem die Vermittlung in einen Job Vorrang hat. Stattdessen soll Weiterbildung gestärkt werden. Wer zum Beispiel seinen Berufsabschluss nachholt, soll in dieser Zeit 150 Euro im Monat mehr erhalten.
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Die Kosten für die Wohnung sollen in den ersten beiden Jahren künftig auf jeden Fall voll übernommen werden. Erst dann muss man sich gegebenenfalls um günstigeren Wohnraum bemühen müssen.
Sechs Monate lang keine Bürgergeld-Kürzung, wenn man Jobangebote ausschlägt
Auch Ersparnisse bis zu 60.000 Euro soll man in dieser Zeit behalten dürfen. Zudem sollen Arbeitssuchende in den Jobcentern künftig weniger Druck ausgesetzt sein: Im ersten halben Jahr des Bürgergeld-Bezugs sollen keine Sanktionen durch Leistungskürzung mehr verhängt werden können, wenn etwa ein Jobangebot abgelehnt wird.
Bundesarbeitsminister Hubertus Heil (SPD) reagierte auf Vorwürfe, dass deshalb auch diejenigen das Geld beziehen würden, die sich nicht um Arbeit bemühten: „Das Thema Mitwirkungspflichten, das bleibt. Und ich sage es mal deutlich: Menschen, die chronisch keine Termine beim Jobcenter wahrnehmen, die haben auch mit Rechtsfolgen im neuen System zu rechnen. Aber der Geist des neuen Systems ist nicht der von Misstrauen, sondern von Ermutigung, von Befähigung.“
Eine Auffassung, die dem Deutschen Städtetag nicht behagt: Es gebe nicht genug Sanktionen.
Forderungen, die Bürgergeld-Sätze wegen der steigenden Heizkosten noch stärker zu erhöhen, wies der Minister zurück: Diese Kosten werden ohnehin übernommen.
Schüler aus Bedarfsgemeinschaften dürfen Löhne aus Minijobs in voller Höhe behalten, wenn die nicht über 520 Euro betragen. Einkommen aus Ferienjobs werden gar nicht auf das Bürgergeld angerechnet.
Vom Zuverdienst kann der Bürgergeld-Bezieher mehr behalten
Wer arbeitet, aber dennoch nicht genug verdient, um aus der Grundsicherung des Bürgergelds herauskommen zu können, wird nach dem Entwurf bei einem Verdienst zwischen 520 und 1000 Euro 30 statt 20 Prozent behalten dürfen. Das gefällt auch dem Koalitionspartner FDP.
Dessen Bundestags-Fraktionschef Christian Dürr: „Das heißt eben auch, dass es für diejenigen, die zurzeit noch arbeitslos sind, attraktiv sein muss, wieder in den Arbeitsmarkt zurückzukehren.“ Das sei in der Vergangenheit nicht der Fall gewesen. Früher habe es Abzüge zwischen 70 und 80 Prozent bei Empfängern des Arbeitslosengelds II gegeben. „Es soll sich wieder lohnen zu arbeiten. Das ist der Kern aus meiner Sicht.“
Das sieht die CDU/CSU ganz anders. Der sozialpolitische Sprecher der Unionsfraktion, Stephan Stracke (CSU), kritisierte die Pläne in einem Interview: „Mit dem Bürgergeld wird Nichtarbeit deutlich attraktiver. Das ist das Gegenteil von Respekt gegenüber den Arbeitslosen und auch denen gegenüber, die mit ihren Steuermitteln das Solidarsystem tragen.“