Derzeit müssen 80 Prozent der Briefe am nächsten Werktag zugestellt werden, so steht es zumindest im Gesetz.
Derzeit müssen 80 Prozent der Briefe am nächsten Werktag zugestellt werden, so steht es zumindest im Gesetz. Sabine Gudath

Die Beschwerden über die Bummel-Post häufen sich seit Monaten, vor allem wegen des hohen Corona-Krankenstands beim Konzern mussten Berliner zuletzt oft tagelang auf Briefe warten. Und das lange Warten könnte statt Ausnahme bald Alltag werden. Denn der Post-Chef rüttelt an einem Gesetz, das festlegt, dass vier von fünf Briefen, die heute eingeworfen werden, morgen beim Empfänger ankommen müssen.

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„Muss tatsächlich jeder Brief – oder mehr als 80 Prozent – am nächsten Tag zugestellt werden?“, appellierte Konzernchef Frank Appel an die Bundesregierung, die Regelung abzuschwächen. Derzeit hält die Post die gesetzliche Vorgabe noch ein, laut der mindestens 80 Prozent der Briefe am nächsten Werktag beim Empfänger sein müssen. Nach eigenen Angaben stellen die Briefträger 83 bis 84 Prozent der eingeworfenen Post am Folgetag zu – sofern dieser kein Sonn- oder Feiertag ist.

Bummel-Post wegen hohen Kostendrucks?

Die Ampelkoalition will das angestaubte Postgesetz in der laufenden Legislaturperiode ändern und modernisieren. Doch eine Lockerung der Zustell-Vorgabe, wie Appel sie fordert, würde für die Verbraucher bedeuten, dass sie im Schnitt länger auf Briefe warten müssten. Der Post-Chef begründet seinen Vorstoß mit den hohen Kosten der Zustellung. „Wir können nicht so tun, als wäre die Welt wie vor 20 Jahren“, so Appel. Heute befördere der Konzern viel mehr Pakete und viel weniger Briefe als damals. „Die Politik muss verstehen, wir brauchen irgendwo eine Kostenentlastung.“

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Post will trotz Rekordgewinnen bei Brief-Auslieferungen sparen

Eine Forderung, die gerade bei den derzeitigen Rekordeinnahmen des Konzerns Fragen aufwirft! Zwar schrumpft für die Post tatsächlich der Gewinn beim Brief- und Paketversand im Inland – zuletzt im dritten Quartal um drei Prozent auf 290 Millionen Euro vor Zinsen und Steuern.

Aber für den Gesamtkonzern, dessen Zahlen weiterhin vom internationalen Express- und Frachtgeschäft beflügelt werden, rechnet das Management für 2022 mit einem Rekordergebnis von rund 8,4 Milliarden Euro. Allein im dritten Quartal kletterte der Konzerngewinn um 13 Prozent auf 1,2 Milliarden Euro.

Geht es nach der Post, sollte trotz satter Gewinne der gesetzlich verankerte Zeitdruck beim Briefe-Austragen bei der anstehenden Novellierung des Postgesetzes abgemildert werden. Die Vorgabe stammt tatsächlich aus Zeiten, als viele Menschen noch Briefe und Postkarten statt Mails und Chat-Nachrichten schrieben. Einen Entwurf für ein modernes Postgesetz will die Ampelkoalition möglicherweise 2023 vorlegen.