Studie zu Führungskräften

Brauchen wir eine „Ostquote“? Deshalb schaffen es Ostdeutsche so selten in Chefetagen!

Menschen aus den neuen Bundesländern sind in Politik, Wirtschaft und Justiz unterrepräsentiert.

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Carsten Schneider (SPD), Beauftragter der Bundesregierung für Ostdeutschland, will mehr Ostdeutsche in Führungspositionen bringen.
Carsten Schneider (SPD), Beauftragter der Bundesregierung für Ostdeutschland, will mehr Ostdeutsche in Führungspositionen bringen.dpa/Carsten Koall

Braucht Deutschland eine „Ostquote“? Auch drei Jahrzehnte nach der Einheit rücken Ostdeutsche nur sehr mühsam in die Chefetagen vor. Nach einer neuen Studie der Universität Leipzig und des MDR haben sie selbst in Ostdeutschland aktuell nur gut ein Viertel der Spitzenposten in Politik, Wirtschaft, Justiz oder Universitäten und damit kaum mehr als im Jahr 2016.

In all den Jahren wuchs der Anteil nur von 23 auf 26 Prozent. Etwas steiler aufwärts ging es bei Richterinnen und Richtern an obersten Gerichten in Ostdeutschland: Darunter sind inzwischen 22 Prozent Ostdeutsche, im Vergleich zu 13 Prozent 2016. In ostdeutschen Unis haben 17 Prozent der Rektoren oder Präsidenten einen ostdeutschen Hintergrund, etwa gleich viele wie 2016.

In großen Firmen sinkt der Anteil Ostdeutscher in Führungsetagen

In den Regierungen, großen Firmen und vielen Medien ging es sogar abwärts. So lag der Anteil Ostdeutscher in den Landeskabinetten der fünf Länder bei 60 Prozent, 2016 waren es noch 70 Prozent. In der Leitung der 100 größten Unternehmen im Osten sank der Anteil Ostdeutscher sogar drastisch von 45 auf 27 Prozent. In den Chefredaktionen der großen Regionalzeitungen waren 2016 noch 62 Prozent Ostdeutsche – heute sind es 43 Prozent.

Ostdeutsche beim Netzwerken außen vor

Als Grund sieht Personalberaterin Constanze Buchheim, dass bei der Nachbesetzung von Top-Positionen im Osten vor allem Netzwerke zählen, in denen Ostdeutsche fehlen. Westdeutsche lassen eher andere Westdeutsche nachrücken, rekrutieren sich gewissermaßen selbst.

Als Ostdeutscher gilt in der Studie, wer in der DDR oder nach der Vereinigung bis zum Erwachsenenalter überwiegend im Osten gelebt hat. So gelten 87 Prozent der Bewohner in den fünf ostdeutschen Ländern als ostdeutsch; bundesweit sind es 17 Prozent. Gemessen an beiden Werten ist ihre Vertretung in Spitzenposten viel zu gering.

Denn bundesweit liegt der Anteil Ostdeutscher in „Elitepositionen“ gerade mal bei kläglichen 3,5 Prozent. „Das muss sich ändern“, sagte der Ostbeauftragte der Bundesregierung, Carsten Schneider. Die Ampelkoalition hatte sogar im Koalitionsvertrag festgelegt, mehr Ostdeutsche in Führungspositionen zu bringen. Dafür soll im Lauf des Jahres ein Konzept vorliegen.

Der Leipziger Linken-Abgeordnete Sören Pellmann fordert schlicht eine „Ostquote“. „Ostdeutsche werden beim Thema Führungspositionen in Politik und Gesellschaft systematisch benachteiligt“, meinte Pellmann. „Das widerspricht dem Grundgesetz.“